Als er aber in dieses Licht geboren, haben ihn seine Eltern durch die heilige Taufe dem Herrn Christus und seiner Kirche einverleiben lassen, da ihm der Name Otto011
gegeben worden. Nach der heiligen Taufe ist er in aller Gottesfurcht auferzogen, und da er ein wenig zum Verstande gekommen, ist er im Kloster zu Prenzlau012 in göttlicher Erkenntnis, im Lesen und Schreiben unterwiesen worden, welche Gabe Gottes er nachmals zum fleißigen Lesen der Heiligen Schrift und nützlichen Historien013 wohl angewandt.
Nach derselben Zeit hat er sich bei einem von Rieben, danach bei einem von Lübersdorf als ein Junge014 begeben. Und als er vernommen, dass seine Brüder, die gestrengen, edlen und ehrenfesten Busso, Christoffer, Joachim015, Jacob016, Andreas, Hans017 und Kersten, Gebrüder von Blanckenburg, bei Kaiser, Königen, Herren und Fürsten durch tapfere Kriegstaten in ein großes Ansehen und Aufnehmen018 gekommen, ist auch sein Gemüt dahin Tag und Nacht gerichtet gewesen, wie er seinen Helm nicht im gemalten Schilde allein, sondern vielmehr in der Tat führen möchte. Deswegen ist er seinen Brüdern im Kriege gefolgt und im Jahr 1552 unter des durchlauchtigsten Kurfürstem Herzog Moritz019 hochlöblichen Gedächtnisses Reitern vor der Klause und Innsbruck gelegen020.
Im folgenden 1553. Jahr dient er dem gestrengen, edlen und ehrenfesten Georg von Debitz021, der eine Fahne geführt, als ein Leibjunge in der vornehmen022 Schlacht, welche viel große Leute weggenommen023, vor Sievershausen, da er denn ein schönes Pferd, mit Samtzeuge behängt, aufgegriffen und seinem Junker024 dem Fähnrich zugebracht, und noch ein Pferd einem Knechte, der aus der Schlacht flüchtig geworden, abgedrängt025, und seinem Bruder Christoffer von Blanckenburg zugefertigt026.
Anno 1557 hat er unter des Königs in Hispanien027 Kriegsvolk in Frankreich vor Quentin028, welches auch gewonnen worden, als ein Soldat gedient.
Im Jahr 1559 ist er im Ditmarschen Kriege029 gewesen, wo seine beiden Brüder, die gestrengen, edlen und ehrenfesten Joachim und Jacob von Blanckenburg sich dermaßen verhalten, dass Königliche Majestät030 Joachim von Blanckenburg den Ritterstand angetragen, welchen er doch nicht annehmen wollen.
Nach diesem Kriege hat sich unser seliger Junker etliche Jahr bei dem würdigen031, gestrengen, edlen und ehrenvesten Herrn Jochim von Losso032, Land commendatorem033 des Braunschweigischen Orts034, für einen Hauskomtur035 enthalten036, bis nach verlaufenem vierjährigen Kriege in Dänemark und Schweden037 seine beiden Brüder, die gestrengen, edlen und ehrenfesten Andreas und Hans von Blanckenburg selige daselbst mit Tode verblichen, und er um das Jahr Christi 1569 abgefertigt038 worden, ihre Pferde, Besoldung, und andere Verlassenschaft039 abzufordern, da er von Königlicher Majästat in Dänemark Fortbestallung040 bekommen und als Leutnant verordnet worden. Hat vier Jahr diesem Kriege beigewohnt, einen rühmlichen Namen, ganze Besoldung und ein Ehrliches041 davongebracht.
Nach Vollendung dieses Kriegs, relatus est in ordinem sacrorum militum, ist er ein Ordens-Herr geworden042, und hat seinen Sitz erlangt auf der Kompturei zu Langelein043 um das Jahr Christi 1573044. Darauf an die 19 Jahr Komtur / Commendator gewesen.
Bis er endlich das Regiment und Haushaltung zu Hildebrandshagen und Schlepkow, nach seines Vettern des edlen und ehrenfesten Henning von Blanckenburgs tödlichem Abgang den 7. Oktober Anno 1592045, angefangen und sich dort darauffolgenden 93. Jahres, den 6. Tag Febr., und im selben Jahr den Sonntag nach Michaelis, war der 30. Septemb., auf dem Hause zu Dedelow046 ehelich loben047, öffentlich vertrauen und beilegen lassen die edle vielehrentugendsame Ursula von Klützow, des gestrengen, edlen und ehrenfesten Otto von Klützow, auf Dedelow erbgesessen, vielgeliebte Tochter, mit welcher er zwölf Jahre weniger sieben Wochen, die sie sehnlicher048 Liebesbande im ehelichen Stande, in großem Frieden, beständiger Treue und Liebe besessen, Gottes wunderbaren Segen nicht allein an zeitlichen Gütern, sondern auch den gewünschten ehelichen Segen, im 128. Psalm gottesfürchtigen Eheleuten versprochen: Dein Weib wird sein wie ein fruchtbarer Weinstock um dein Haus herum und deine Kinder wie die Ölpflanzen um deinen Tisch her, mild empfangen und gespürt, weil ihm der vielgnädige Gott von ihrer beider adligen Geblüt fünf Töchter und einen Sohn, die edlen und vieltugendsamen Catharina, Liboria, Ursula, Anna, Margarita von Blanckenburg, Geschwestern, und Henning von Blanckenburg hat lassen geboren werden, welche durch Gottes Gnade noch alle im Leben und heute neben ihrer herzlieben Mutter ihres seligen Vaters tödlichen Abgang mit Tränen und großer Wehmut betrauern und beseufzen.
In diesem zwölfjährigen Ehestande hat unser seliger Junker Gottesfurcht, welche aller Weisheit Anfang ist, Syrach 1, und ein herzlich Vertrauen zu Gott und seinem Erlöser Christus allen seinen Sachen, Vornehmen, Leben und Wandel zu Fundament und Grundfeste gelegt, weil doch keines Menschen Werk oder Vorhaben Gott gefallen kann ohne den Glauben, Hebr. 11, ja vielmehr für Sünde gehalten werden muss, wo sie nicht aus gläubigem Herzen geschehen, Römer 14. Nachdem aber der wahre Glaube allein Gottes Gabe ist, Johannes 6, und durchs Wort und Sacrament gegeben wird, Römer 10, so hat unser seliger Junker Gottes Wort in großen Ehren gehalten, fleißig gelesen, gehört und nachgeforscht, und am Gehör049 und Betrachtung desselben sich durch niemand und nichts verhindern lassen, des Herrn Abendmahl mit christlicher Reverenz, Andacht und wahrem Glauben oft empfangen, damit sein Glaube durch diese Mittel täglich gemehret, gestärket, confirmiert und erhalten würde.
Und dass sein Glaube nicht falsch oder gefärbet, sondern durch die Liebe möchte tätig sein, hat er seinem Herrn Christus auch andere zugeführt, seine herzlieben Kinderlein zum christlichen Gebet, sein ganzes Hausgesinde und alle seine Untertanen, auch wer Fremdes zu ihm gekommen, zum wahren Gottesdienst und zur Anhörung göttlichen Wortes ernstlich angehalten.
Seinen Seelsorger hat er mit den leiblichen Gütern treu und dankbar versorget, ihn wie ein rechter Pflegevater gespeiset und genähret, ihm und all den Seinen guten Willen und günstige Beförderung050 gezeigt; durch die ernsten Bußpredigten sich nicht zum Zorn, sondern vielmehr zu ernster Besserung bewegen lassen, und abgeschafft, was Gottes Wort in der Gemeinde zuwider gewesen.
Die Untertanen mehr mit Worten als mit Gefängnissen zum Gehorsam gehalten, sie über den Dienst051 gespeiset und getränkt, in Teuerungen ohne allen Wucher und Gewinst ausgeholfen, Korn geliehen und Scheffel für Scheffel wiedergenommen, damit sie den übersetzigen Wucherern nicht dürfen in die Hände geraten.
Weil auch die, so wahrhaftig im Herzen glauben, mit dem Munde bekennen, Römer 10, so hat ihm sein inwendiger Glaube das auch zum Munde ausgetrieben, dass er erst Gott im Geheimen und allein, danach mir auch in der Beichte seine Sünde von Herzen bekannt und um Vergebung derselben demütig gebeten.
Das Bekenntnis des Glaubens ist kurz, einfältig053 und richtig gewesen. Er glaube in Einfalt, was Gott in seinem Wort geredet, getan und gestiftet. Das sei göttliche Wahrheit, Werk und Ordnung, dawider niemand gebühre zu reden, schreiben und lehren. In seiner Schwachheit sagt er: Mein Glaube, Zuversicht und Trost ist allein gegründet auf den Gehorsam und Verdienst Jesu Christi, den uns der Vater zu einem Gnadenstuhl054 hat vorgestellt durch den Glauben in seinem Blute, Römer 3.
In weltlichen Händeln hat er ohne Ansehen der Personen, der lieben Wahrheit und Gerechtigkeit zur Steuer055, seine Meinung kurz und geradezu, ohn‘ allen Schein und Heuchelei dargegeben, und bei ihm ist Ja - Ja, und Nein - Nein gewesen.
Solchem Bekenntnis aber ist der individuus comes056 auf warmem Fuß gefolget, welcher heißt Kreuz und Trübsal, Anfechtung und Widerwärtigkeit. Weil der Satan um ihn und die Seinen hergegangen wie ein brüllender Leu, 1. Petrus 5, und gleich Wind und Meer, Matthäus 8, Freunde und Feinde wider sie rege gemacht und oft wie ein Weizenkorn zwischen zwei Mühlsteine in die Presse geleget, das Leben beschwerlich gemacht, Gut und Nahrung erleidet057, sein Recht in Galle und die Frucht der Gerechtigkeit in Wermut verwandelt, Amos 6, denn weil er Gott lieb war und zum ewigen Leben sollt behaglich gemacht werden: so musst's so sein, dass er nicht ohne Anfechtung bliebe, sondern bewährt058 würde, Tobias 12, und aufs Wort merken lernete, Esa. 28.
Doch hat der Heilige Geist Geduld, qua omnibus piis maxime necessaria est, Hebr. 10, V.36, die allen Gottseligen zum Höchsten vonnöten ist alle Zeit, bei der Anfechtung in sein Herz gepflanzt, dass er solche Widerwärtigkeit nicht anders als eine väterliche Rute und Züchtigung des Herrn aufgenommen, Hebr. 11.1. Cor. 11, sich und die Seinen also getröstet: Solch Widerstand ist vor uns gewesen, ist jetzt, wird auch wohl bleiben, wir wollen’s dem Lauf des Rechten befehlen und durch ein herzliches Gebet und Vaterunser Gott anheimstellen, und mit Michea am 7. sagen: Freue dich nicht, meine Freundin, dass ich darnieder liege, ich werde wieder aufkommen, und so ich im Finstern sitze, so ist doch der Herr mein Licht. Ich will des Herrn Zorn tragen, denn ich habe ihm gesündigt, bis er meine Sache ausführe und mir Recht schaffe. Er wird mich ans Licht bringen, dass ich meine Lust an seiner Gnade sehe.
Darauf er seinem Gott im Namen Jesu Christi mit unablässigem und anhaltendem Gebet neben seinen Kinderlein und der ganzen Gemeinde stets in Ohren gelegen, von Herzensgrunde um Vergebung der Sünden, um Friede, Rat, Trost und Beschützung in aller Widerwärtigkeit ernstlich nach Sankt Pauli Befehl, Römer 12, precatione instantes059 gebetet, dazu er denn bei gesundem Leibe seine Betzeit gebraucht und oft früh morgens, da andere noch im Schlaf gewesen, vor Gott erschienen, und dass er darauf merken wollte, herzlich geseufzet, welches Gott auch gnädig erhört und ihm Friede verschafft zu seiner Zeit.
In solchem Glauben, Liebe, Bekenntnis, Geduld und Gebet ist unser seliger Junker bis an sein letztes Ende ganz beständig verharret. Denn als ihn den 30. Juli die hitzige jetzt regierende neue Krankheit angestoßen, bettlagerhaftig gemacht, große Hitze und Durst verursacht, hat er fort den 10. Sonntag nach Trinitatis, war der 4. Aug., morgens frühe nach getaner Beichte und empfangener Absolution, des Herrn Abendmahl als ein teures Pfand seiner Seligkeit, den Glauben zu stärken und sein Gewissen zu trösten, andächtig empfangen. Da er zuvor jedermann von Herzen vergeben, alle weltliche Sachen weggelegt, Gott befohlen und sich ferner nur um ein seliges Ende und ewige Seligkeit anzunehmen gänzlich vorgesetzt, und der gewiß zu sein mit dem Spruch Sankt Pauli 1. Tim. 1 getröstet und aufgerichtet: Das ist ja gewißlich wahr und ein teuer wertes Wort, dass Jesus Christus in diese Welt kommen ist, die Sünder selig zu machen.
Darauf er auch der christlichen Gemeinde ernste Fübitte begehrt, dass ihn der gnädige Gott in solchem reinen Glauben und wahrer Erkenntnis Christi bis an sein letztes Ende beständig erhalten wolle.
Als ihn sein Seelsorger folgenden Tags wieder besucht, sagt er: Ich weiß nun in dieser Welt nichts mehr, denn dass ich mich zu einem seligen Ende bereite; und sich trösten lassen mit Pauli Sprüchlein, Römer 4, Leben wir so leben wir dem Herrn, sterben, & Da aber seine herzliebe Hausfrau, so Tag und Nacht um ihn und bei ihm gewesen und an fleißigem Bewachen, Speisen, Tränken, Warten und Pflegen nichts erwinden060 lassen, mit ängstlichen Tränen gebeten, er wolle doch sie und ihre kleine Kinderlein so gar übel nicht trösten: Sprach er: Ihr müsst euch nun forthin an Gott und seinem Wort trösten.
Als er den 12. August frühe morgens die edlen und ehrenfesten Joachim und Liborius von Klützow, Gebrüder auf Dedelow erbgesessen, und den auch edlen und ehrenfesten Adam von Holtzendorff, auf Holzendorf061 erbgesessen, seine freundlichen lieben Schwäger, um sich und vor sich sah, hat er ihnen mit Wehmut und kurzen Worten bittlich anbefohlen, seinen herzlieben Ehegenossen und Kinderlein treu zu sein.
Den 13. August frühe morgens um 2 Uhr hat er seine Hände ineinander geschlossen und bei sich selbst, weil sich die Sprache geleget, den Morgensegen gebetet, und am Ende sein Weib, Kind, Leib, Seel und alles Gott dem Allmächtigen in seine gnädige Hände befohlen. Darauf wir Anwesenden gebetet: Ich bin ein Glied an deinem Leib, / des tröst ich mich von Herzen, / von dir ich ungeschieden bleib, / in Todes Nöten und Schmerzen, / wenn ich gleich sterbe, so sterb ich dir, / ein ewiges Leben hast du mir / mit deinem Tode erworben.
Item das Gebetlein:
O Gott Vater, regier du mich,
mit deinem Geiste stetiglich,
Laß deinen Sohn, mein Trost und Leben,
allzeit in meinem Herzen weben.
Und wenn mein Stündlein vorhanden ist,
so nimmt mich zu dir Herr Jesu Christ.
Denn ich bin dein und du bist mein,
hilf mir, dass ich bald mög bei dir sein.
Darauf unser seliger Junker drei mal Amen gesagt. Und nachdem er 3 Löffel Wein zu sich genommen, hat er verständlich gesagt: O Jesu von Nazareth, du Sohn des lebendigen Gottes, erlöse mich aus aller meiner Angst. Dazu wir den 17. und 18. Vers des 25. Psalms gebetet: Ach Herr, die Angst meines Herzens ist groß, führe mich aus all meinen Nöten. Siehe an meinen Jammer und Elend, und vergib mir alle meine Sünde.Dazu gebetet: Herr Jesu Chrsist war Mensch und Gott etc.
Und nach diesem Gebet ist der gestrenge, edle und ehrenfeste Otto von Blanckenburg den 13. Aug. morgens frühe zwischen drei und vier Uhr, seines Altes im 70. Jahr, unter diesen Worten: Herr, meinen Geist befehl' ich dir, / mein Gott, mein Gott, weich nicht von mir, / nimm mich in deine Hände, / o treuer Gott, in aller Not, / hilf mir am letzten Ende; fein still, sanft und selig eingeschlafen, und nach der Seelen in die ewige Seligkeit aufgenommen. Dass es recht nach Bernhards Spruch gesagt ist: Pretiosa mors plane sanctorum, tanquam finis laborum, tanquam vita janus, et perfecta felicitatis ingreßio. Der Tod der Gläubigen ist gänzlich wert vor dem Herrn, als eine Beschließung all ihrer Mühe, als eine Tür zum Leben und ein Eingang zur vollkommenen Seligkeit.
Den Leib aber wollen wir nun in sein Ruhekämmerlein beisetzen bis zur allgemeinen fröhlichen Auferstehung, und uns dabei erinnern, dass wir heute oder morgen auch den Weg aller Welt gehen müssen, und uns demnach stets dazu christlich bereiten und schicken, auf dass uns der Herr, wenn er kommt, wachend finde und wir mit ihm eingehen zur ewigen Ruhe und Freude.
Otto von Blanckenburgs seligen hinterlassene Witwe, wie auch ihre
herzlieben Töchterlein und Söhnlein samt
allen,
so über diesen traurigen Fall bekümmert
und betrübt sind, auch ein herzlich
Mitleiden tragen, durch sein Trostwort
und Heiligen Geist mit Gnaden auf-
richten, und uns allen in
Christo zu seiner Zeit
ein seliges Ende, eine
fröhliche Aufer-
stehung und ewiges
Leben verleihen,