Ernst Herbsts
unveröffentlichte oder publizierte Texte von und über Immerann, den Freundeskreis C.L.I. und die Immermann-Gesellschaft.

Carl Leberecht Immermann,
der Freundeskreis C.L.I. (1983-1990) und
die Anfänge der Immermann-Gesellschaft


Ein Dichter und Demokrat

Kulturbund-Freundeskreis beschäftigt sich mit C. L. Immermann

MZ am Wochenende vom 01.12.1983


Ende Oktober wurde in der Magdeburger Hochschulgruppe des Kulturbundes ein Immermann-Freundeskreis gegründet. Wissenschaftler und Studenten der PH "Erich Weinert", Vertreter kultureller Institutionen und interessierte Bürger der Elbestadt fanden sich zusammen, um Näheres über den 1796 in Magdeburg geborenen Schriftsteller Carl Leberecht Immermann zu erfahren und an andere zu vermitteln. MZ [Sabine Fiedler] sprach mit dem Vorsitzenden des Freundeskreises, Dr. Ernst Herbst.


MZ: Aufmerksamen Lesern unserer Zeitung sind Sie kein Unbekannter mehr; Sie stellten sich in diesem Jahr bereits mit zwei interessanten Beiträgen [Der Herr Immermann aus Magdeburg ((28.04.1983); Verwirrung um seine Ahnen (01.09.1983)] über Immermann vor. Die Gründung des Freundeskreises ist ebenfalls maßgeblich Ihrer Initiative zu danken. Was sind die Gründe für Ihr Engagement?
DR. HERBST: Ich bin vor Jahren auf der Suche nach einem Vorfahren auf Immermanns Memorabilien gestoßen und habe beim Lesen einfach Neugier auf andere Werke von ihm bekommen. Sicher, er schrieb nicht im Stil unserer Zeit, und nicht alles, was er geschrieben hat, ist ihm meisterhaft gelungen, aber an der Ironie, der Satire in seinen Werken kann man viel Spaß haben. Und es ist noch etwas anderes: Viele Dinge, die ihn bewegten, beschäftigen uns im Grunde auch heute noch; in seinem Versuch, seine Zeit zu begreifen, seinen Platz in ihr zu finden, ist er uns, glaube ich, sehr nah. Er ist sein Leben lang ein Kämpfer gewesen, der seine Ziele unbeirrt verfolgt hat, auch wenn ihm daraus schwere persönliche Probleme erwuchsen. Das macht ihn sympathisch - auch wenn man sieht, daß er natürlich in den Grenzen seiner Zeit und seiner Klasse gefangen war. Der stellvertretende Minister für Kultur, Klaus Höpcke, hat Immermann in einem Brief, den er uns zur Gründung des Freundeskreises sandte, als einen "aufrechten Demokraten des Vormärz" gewürdigt, und so wollen wir auch das Bild dieses Dichters nachzeichnen: als das eines tüchtigen und ehrlichen Mannes in einer sehr widerspruchsvollen, sehr interessanten Zeit.

MZ: Das Echo, das der Freundeskreis gleich auf Anhieb gefunden hat, beweist, daß Sie mit Ihrer Verehrung für Immermann nicht allein sind. Bestimmt wird die Arbeit Ihres Freundeskreises auch bei vielen Magdeburger auf großen Widerhall stoßen, denn die Elbestädter sind für ihr großes Interesse an Dingen aus der Geschichte ihrer Heimatstadt bekannt. Wer kann Mitglied des Freundeskreises werden?
DR. HERBST: Sie haben recht: Für Immermann und für die Geschichte in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts interessieren sich nicht wenige Menschen - nicht nur Spezialisten und nicht nur Magdeburger. Ich hoffe, wir können auch recht viele Menschen für das breite Programm unseres Freundeskreises interessieren.
Mitglied unseres Freundeskreises kann jeder werden, der in irgendeiner Weise durch eigene Arbeiten zur Vorbereitung der Immermann-Jubiläen 1990 und 1996 beitragen möchte, sich für die Arbeit der anderen Immermann-Freunde interessiert, seinen Beitrag im Kulturbund entrichtet und Immermanns Vornamen mit einem großen C schreibt. Selbstverständlich wollen wir hin und wieder auch jenen Immermann-Freunden etwas bieten, die sich nicht für die Arbeit im Freundeskreis entscheiden können. Wir werden im Januar zu einem "Tee bei Tulifäntchen" eimladen, und im April werden wir an Heines Besuch Immermanns in Magdeburg Anno 1824 erinnern.

MZ: Damit haben Sie schon eine Seite der Arbeit des Freundeskreis angedeutet...
DR. HERBST: Wir haben das Ziel, die Materialien für eine Ausstellung über Immermann zusammenzutragen. Das wird nicht einfach sein, und die wissenschaftliche Forschungsarbeit, die zu diesem Thema zu leisten ist, kann selbstverständlich nicht von unserem ehrenamtlichen Gremium getragen werden. Vor allem die Pädagogische Hochschule hat hier ihre Unterstützung zugesagt; auch von der Martin-Luther-Universität in Halle erhoffen wir Hilfe.
Die Mitglieder des Freundeskreis werden sich vor allem eine möglichst umfangreiche Werkkenntnis verschaffen, es wird interpretatorische Diskussionen geben, und wir werden uns mit Bibliotheken und Archiven auch in anderen Städten in Verbindung setzen, um Dokumente ausfindig zu machen und zu fotokopieren. Bildnisse des Dichters, seiner Familie, seiner Freunde wären zusammenzutragen, eine Bibliografie und eine Chronik könnte man erarbeiten, und interessant ist sicher auch die Frage, ob nicht doch noch Nachkommen des Dichters in unserer Gegend leben. An Aufgaben mangelt es also nicht.

MZ: Sicher wird nun, wo Aufmerksamkeit geweckt worden ist, mancher Immermann lesen wollen. Lohnt sich der Weg zu Bibliothek?
DR. HERBST: Auf jeden Fall! Daß in der sozialistischen Gesellschaft das progressive Erbe der Vergangenheit gut aufgehoben ist, ist kein leeres Wort. Wir haben zur Gründungsveranstaltung unseres Freundeskreis achtzehn Bücher mit Werken und kürzeren Arbeiten beziehungsweise Äußerungen Immermanns ausgestellt.


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Zitieren dieses Textes:
Ernst Herbst: Ein Dichter und Demokrat [MZ 01.12.1983]. 2008 [http://ernstherbst.online/cli/fk_cli/831201_mz.htm] und Datum der Einsichtnahme


Carl Leberecht Immermann

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Letzte Änderung: 22.11.2008