Ernst Herbsts gesammelte Regesten, Urkunden, Texte, Vorträge und Erzählungen zur
Geschichte Atzendorfs

Urkunden und Regesten:

Dorfartikel des Amtes Egeln 1585


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Quelle:

LHASA, MD, Rep.A3a, Tit.LXVIII Nr.77

Publikationen:

Digitale Erstveröffentlichung

Regest:

Dienstag nach Trium Regum [06.01. a.St.] 1585, Amt Egeln


Text:

Polizei-Ordnung
oder
Dorfartikel des Amtes Egeln

Artikel, so den untertanen des amtes Egeln auf den gerichtstagen vorgelesen werden.

Die artikel, so die herren eines hochwürdigen domkapitels der erzbischöflichen Kirche zu Magdeburg bisher den untertanen des amtes Egeln auf den gerichtstagen vorhalten lassen, sein itzo wiederum auf neue übersehen und zum teile mit etzlichen, so durch unseres gnädigsten herren, des administrators und landesfürsten verordnetete visitatoren in jüngster visitation angeordnet, verfasst, geändert und verglichen wurden, welche auch denselben untertanen nachmals hinfort festiglich zu halten sollen eingebunden und aufgelegt sein, bei vermeidung hoher ungnade und der darinnen angezeigten strafe, dienstags nach Trium Regum Anno [15]85 publiziert.

[1.]

Zum ersten und anfänglich sollen die einwohner des gerichts Egelnvor allen dingen die sonntage und festtage mit gewöhnlichem kirchengehen, gott zu lob und ehren, feiern und heiligen, und kein fahren, pflügen oder andere unnötige arbeit zur selben zeit vornehmen, bei vermeidung der herren strafe, weil dann auch diesem artikel im erzbischöflichen mandato vom bischof SIGISMUNDO
hochlöblichen Gedächtnisses ausgangen, mehr punkte anlanget, als wer aus der kirche bleibt oder unter der predigt daraus läuft, was die selben sollen zur strafe geben, darauf den altermännern, richtern und bauermeistern zu merken befohlen, also sollen die übertreter derselben namhaft gemacht und darum gestraft werden, da sie aber mit dem aufsehen säumig, sollen sie der strafe selbst gewärtig sein und die gesetzte busse ohne alle nachlassung erlegen.

[2.]

Zum andern, als dann auch die heiligen- und festage nicht um vollsaufens oder spielens willen verordnet, sondern dass ein jeder auf die zeit sich mit gott versöhne und mit heiligen werken umgehen möge, so soll keiner vor der oder unter der predigt zum bier oder branntwein gehen, und die krüger solches vor dem, dass die nachmittagspredigt nicht aus ist, niemand reichen, desgleichen auch auf den abend um neun schläge sollen die krüge und keller alle wege zugeschlossen und niemand kein bier mehr gelangt werden, welche aber solches verächtlich übertreten sollen in der herren strafe gefallen sein, als der krüger mit zwei talern |{S.5r} und die trinker ein jeder mit zwei gulden, und die bauermeister sollen vermittels ihrem eide und ausgegangenem erzbischöflichen mandat, darin dieser artikel auch gegründet, verpflichtet sein, wen sie solches sehen, hören und erfahren, dasselbe der obrigeit anzuzeigen oder gleicher strafe gewärtig sein, da aber einer etwas in sein Haus forderte, oder auch kranke oder fremde wandernde leute wären, denselben soll auf ihr erfordern kein bier geweigert werden, sonderlich aber sollen alle zechen und sauferei auf die ostern, pfingsten, weihnachten und andere hohen feste, desgleichen die kirchmessen und gastboten bei kindtaufen ganz und gar bei der ausdrücklichen strafe im Erz=|{S.5v}bischöflichen mandat verboten sein, auch sollen keine kinder, so nicht des alters und verstandes, dass sie zu tische sitzen und sich selber vorschneiden können, auf wirtschaften, kindtaufen oder andere gastereien gebeten oder mitgenommen würden, bei einem taler strafe, für ein jedes kind, welches der, so sie bittet, und auch der, so sie mitnimmt, geben soll.

[3.]

Zum dritten sollen die einwohner des gerichts einer dem andern keinen acker abpflügen, unter dem pfluge wegnehmen, noch verkaufen, verbieten, versetzen oder sonst mit heimlichen praktiken und finanzen an sich bringen, auch keine dienstbaren äcker von den höfen den weibern zu leibgedinge vermachen oder die kinder damit beraten, noch dieselben in höherm wert kaufen oder verkaufen, als was sie von alters her verpachten und verrenten können und mögen, ohne vorwissen des amtes, bei strafe zwanzig gulden.

[4.]

Zum vierten, nachdem in kaufen und verkaufen der güter sichs zuträgt, dass oftmals ein gut, zwei, drei, vier oder wohl mehr mal verkauft, ehe es bezahlt, und von den käufern in lehen genommen wird, dadurch dann den lehn- und gutsherren die lehensware entzogen wird, so soll hinfort keiner kein liegend gut verkaufen, es sei denn sein eigen, habe es zuvor bezahlet, und in lehn |{S.6v} und gewähr, damit ers dem käufer wiederum vollkommen gewähren möge und die unrichtigkeiten, so hierinnen vorfallen, unterbleiben mögen. Es soll auch auf keinem wohnhofe oder in keinem hause keine feuerstätten mehr, als vor alters darin gewesen, gebaut werden, welche aber vorher gebaut und durch die verstorbenen Personen, so darin gewohnt, erledigt sind, die sollen nicht wieder bewohnt werden, es werde denn daraus dem landesfürsten die steuer, dem amte der dienst und das rauchhuhn, wie von andern häusern, auch andere verpflichtungen und der gemeine schoss und nachbarrecht gegeben und getan, bei strafe zwanzig taler.

|{S.7r}

[5.]

Zum fünften, soll allerlei doppelspiel, wie die nur genannt werden, verboten sein, bei einem wispell hafern, und so die bauermeister und krüger erfahren, dass jemand solche würde übertreten, sollen sie verpflichtet sein, dieselben spieler ihrer obrigkeidt in dem amt namhaft zu machen. Da sie aber solches verschweigen und mit durch die finger sehen würden, sollen sie in gleicher strafe sein, auch sollen die bauermeister alle boßkulen, pilickentafel und -steine aus den krügen nehmen und acht darauf haben, da von den krügern oder andern, welche wieder hineingeschafft oder zur hand gebracht werden, solches vermittels ihres eides von sich sagen und nicht verschweigen.

|{S.7v}

[6.]

Zum sechsten soll keiner außerhalb dem amte oder gerichte sich für schuld verschreiben oder sonst in bürgschaft einlassen ohne verwilligung und vorwissen seiner obrigkeit im amte, bei verlust zehn taler.

[7.]

Zum siebenten soll keiner in dem gericht zu haus eingenommen werden ohne erlaubnis der obrigkeit im amte, bei fünf taler strafe, so aber jemand seine eltern, so vorher im gericht gewohnt, bei sich hätte, dieselben mag er wohl und sonst niemand behalten, und wenn welche mit erlaubnis des amtes eingenommen werden, so sollen diejenigen, so sie einnehmen,für schoss, |{S.8r} schatzung , dienst und alle unpflicht, so sie dem landesfürsten, amte und der gemeinde in dörfern leisten sollen, auch für alle unlust, mutwillen, schaden und anderes, so sie anrichten und danach davonlaufen würden, haften und stehen.

[8.]

Zum achten sollen die bauermeister alle monat von haus zu haus gehen und fleißig achtung haben auf die feuerstätten, dass dieselben wohl vorwahret sind, und da sie dieselben bei jemand baufellig befinden, ihnen alsdann dieselben in besserung zu haben gebieten, da aber solches der bauermeister gebot jemand vorrechtlich würde halten, soll er darüber in des amtes willkürlicher |{S.8v} strafe sein, zudem sollen die bauermeister die gemeinde alle sonntage vor dem kirchhofe erinnern, dass ein jeder gut achtung auf sein feuer und licht habe, das gesinde und kinder damit nicht raten und umgehen lassen, auf dass dadurch kein schade geschehe. Es sollen auch die leute mit leitern und ledernen eimern, die man in feuersnöten zu gebrauchen habe, geschickt sein, als nämlich ein jeder ackermann soll in seinem hofe eine gute lange leiter und zwei eimer, desgleichen zwei Cothsesser [Kossaten] zusammen eine leiter und ein jeder einen ledernen eimer haben und halten, und sollen von den bauermeistern dieselben leitern und eimer auch alle monat besichtigt werden, würden sie dann jemanden finden, der damit nicht gefasst wäre, sollen sie dieselben im amte namhaft machen, die sollen drum gebüßt werden.

[9.]

Zum neunten sollen die krüge oder schenken in den dörfern solchen leuten getan werden, die da im amte genugsam besessen und bezahlen können, wo aber solches nicht geschieht und deswegen durch nichtbezahlung der krüger klage vorfiele, so sollen die bauermeister und ganze gemeinde im jeweiligen dorfe deshalb zu besprechen sein, auch sollen die dorfschaften ohne vorwissen des amtes keine |{S.9v} krüger annehmen oder enturlauben, auch jährlich nicht mehr als ein fass freibier von den krügern austrinken und dasselbe den krügern an den zinsen mitanrechen, sondern was sie mehr davon bekommen in den gemeinen nutz und der dörfer bestes wenden, bei zwanzig taler strafe, so ein jedes dorf, das hierüuber tut, dem amte unnachlässig geben soll.

[10.]

Zum zehnten sollen auch die krüger eine ordnung und maß in dem borgen halten und vermittels ihrem eide einem jeden ackermann nicht über zwei gulden borgen, so sie aber jemand etwa mehr |{S.10r} borgen würden und solches nicht könnten bezahlt bekommen, so soll ihnen auch nicht mehr als zu dieser aufsatz in diesem amt und gericht verholfen werden, und sollen, so viel mal sie hierüber tun werden, dem amte zehn taler zur strafe geben. Wenn nun aber die krüger diesem also nachsetzen, soll sie deswegen keiner verdenken, auch nicht [mit] unnützen und schmählichen worten, als dann lose finken, wen sie biers voll sind, zu tun pflegen, zu weiterem borgen nicht dringen, da sich aber solches jemand unterstünde, auch über diese zulassung vom krüger begehrte mehr zu borgen, soll derselbe so wohl als der krüger, der es täte, dem amt zehn taler strafe geben, und sollen auch die krüger keine schuldleute dem bierwirt überweisen, bei derselben strafe, sondern wenn sie die ordnung im borgen halten, sollen sie die krüge nicht räumen, sie seien denn von den einwohnern des dorfs gar bezahlt.

[11.]

Zum elften soll in den dörfern die nachtwache mit allem fleiße bestellt und versehen werden, damit in gerichte kein feuer oder anderer unrat entstehen möge, so soll auch ein jeder nachbar dem andern die wache zu gebührlicher zeit anzeigen; würde es aber einer nicht fort-[weiter-]sagen, und der, dem es angezeigt, auch versäumen, so sollen sie dem amte und der ganzen gemeinen dorfschaft |{S.11r} in strafe gefallen sein, als dem amt mit 5 talern und der gemeinde mit einem halben faß bier.

[12.]

Zum zwölften sollen keine verschreibung noch vormundschaft, verträge oder anderes, wie die namen haben mögen, aetufgericht und gemacht werden, [es sei denn,] sie geschehen allhier vor dem gericht, amt oder verordneten hauptman oder amtschreiber, damit dieselben ins amts- oder gerichtsbuch verzeichnet und allerlei zwiespalt und unrichtigkeit, so täglich deswegen vorfallen, abgetan werden.

[13.]

Zum dreizehnten, so einer in ein fremd gut freien sollte und wären kinder vorhanden, so sollen dieselben kinder zuvor bevormundet werden, ehe die |{S.11v} freihung geschieht, bei des amtes pein und strafe, und soll auch hinfort keine person vom pfarrer vertrauet [getraut] werden, es sei denn zwischen ihnen die ehestiftung aufgerichtet und genugsam verzeichnet, und sie des aus dem amt einen schein bekommen, und sollen die ehestiftungen drei wochen oder zum wenigsten 14 tage vor der hochzeit ins amt gebracht werden, damit alle unrichtigkeit, so deswegen vorfallen, abgetan werden. Es sollen auch die vormünder ihrer mundelein geld und güter nicht in ihren eigenen nutz und gebrauch haben, sondern dieselben |{S.12r} anderen um gebührliche verzinsung und auf gute versicherung hin tun, und welche [solche Güter] etwa unter sich haben, sollen es von dieser Zeit an, als des dienstags nach den Heiligen Drei Königen Anno 86 [06.01.1586 a.St.] innerhalb [eines] jahres und auf denselben tag künftigen [15]87. [Jahres] von sich tun, bei des amtes strafe, über die gelder und güter an einnahme und ausgabe richtige register haltten, die zinsen jährlich von den schuldigern [Schuldner] einnehmen und nicht aufhäufen lassen, damit sie den unmündigen zu ihren mündigen jahren und dem amte daran gute rechnung tun können,

[14.]

Zum vierzehnten sollen auch diejenigen, so verlaubnis und hochzeit machen wollen, ehe sie dazu schaffen, ins amt kommen, und |{S.12v} sich erkundigen, wie viele bei vermöge des landesfürsten ordnung - in jüngster visitation aufgerichtet - man ihrem vermögen nach ihnen erlauben werde aufzulegen, auch den knechten kein bier mehr als andern gästen, sonderlich [besonders] geben, ihres gefallens wegzutragen und zu saufen, bei des amtes schwerer strafe.

[15.]

Zum fünfzehnten sollen auch die kindtaufen keiner andern gestalt, als der Landesfürst in der visitation ordnen lassen, gehalten werden, nämlich dass nicht mehr als drei zu gevattern [Paten] sollen gebeten und dieselben neben den frauen, so bei der kindbetterin [Wöchnerin] in der not [bei der Geburt] gewesen, so viele als um einen tisch kommen können |{S.13v} und nicht darüber sollen zu gaste, und als auf nicht mehr als eine mahlzeit geladen werden, und auch kein vollsaufen darüber gehalten [werden], bei des amtes strafe.

[16.]

Zum sechzehnten soll den ackerknechten, jungen und mägden in den dörfern kein gelage oder tänze auf die sonntage und festtage zu halten mehr gestattet werden, und so sie jemand würde einnehmen oder ihnen mit seinen pferden und wagen bier zu holen verstatten, der soll dem amte mit 10 taler strafe verfallen sein.

[17.]

Zum siebzehnten, wenn die gemeinde in den dörfern auf die fastnacht oder im pfingsten bier auslegen will, soll sie erst im amte |{S.13v} darum ansuchen, wie viel man ihr vergünstigen wolle vermöge der visitationsordnung, bei des amtes strafe, welche es ohne nachlassung tun.

[18.]

Zum achtzehnten soll hinfort keiner in die felder, so brachliegen, säen, damit [womit] dem vieh die tägliche weide entzogen wird, so es aber jemand tut, der mag es tun auf abenteuer [Risiko], denn es sollen die hirten solche [felder] mit dem vieh nicht verschonen, sondern darüber hüten und treiben, so aber einer etwa erbsen säen oder kohl zu seiner küchen notdurft [Bedarf] setzen wolle, der mag solches wohl tun, doch an gelegenen [geeigneten] orten, |{S.14v} dass es den triften [dem Viehtreiben zur Weide] keine verhinderung tut.

[19.]

Zum Neuntzehnten wolle auch ein jeder ackerman nicht mehr als ein schock, und ein kothsesser [Kossat] ein halb schock schafe halten, bei verlust derselben Schafe, so er übrig [darüber] hat.

[20.]

Zum zwanzigsten soll keiner fremdes vieh in die weide und fütterung nehmen ohne vorwissen des amtes. bei verlust desselben eingenommenen viehes.

[21.]

Zum einundzwanzigsten sollen keine hausleute in dem flecken allhier zu Egeln oder auf den dörfern der fischerei mit gebrauchen, und die einwohner des amtes keine mitnehmen, mit ihnen zu fischen, noch solches für sich tun lassen, sondern wenn sie darüber betreten [betroffen, erwischt] werden, sie pfänden und ins |{S.14v} amt berichten, so sollen sie mit verweisung des amtes gestraft werden.

[22.]

Zum zweiundzwanzigsten sollen die untertanen an hamen, waden, garnsäcken oder anderm fischzeuge kein anderes [nicht anders] gebrauchen, als dass es daumentuche gleich sei, damit der junge fisch könne aufkommen und durch das enge zeug nicht vertilgt und dadurch die wasser [Gewässer] verwüstet werden, auch der kleinen krebse, so [noch] nicht eines mannes kleinen finger an der hand lang sind, schonen und dieselben gehen lassen, und keine fische außerhalb des amtes vertragen oder verkaufen, alles bei des amtes strafe.

[23.]

Zum dreiundzwanzigsten sollen die gesetzten weiden, im felde gebraucht oder auf den gräben, wo die stehen, so soll der unterthanen, als des amtes, von niemandem abgehauen oder dreingehauen, noch sonst mit übermut beschädigt, auch mit dem vieh nicht beschält, befretzet oder losgeschurrt werden, sondern es sollen die hirten und hüter das vieh, desgleichen die grasejungen die pferde davor wehren und ebensowohl schaden verhüten möchten, als diejenigen, so mit der faust schaden daran tun, bei der strafe, die ein hochwürdiges domkapitel in seinem darüber |{S.15v} sonderlich ausgegangenen mandate gesetzt, und soll ein jeder untertan, so wohl als ein vogt oder pfandemann bei seinen eiden und pflichten schuldig sein, wenn er einen bei den weiden, der schaden darane tut, betrifft, um geordnetes pfandgeld, als einen halben taler, zu pfänden, und es ins amt zu berichten, und soll deswegen vor dem beschädiger von dem amt geschützt und vertreten werden. Die es aber verhalten [unterlassen] und die beschädiger übersehen wollten, sollen für treulos [verräterisch, betrügerisch] gehalten und [zusammen] mit den beschädigern gestraft werden.

[24.]

Zum vierundzwanzigsten sollen alle amtsuntertanen, wenn kein harter frost oder dorrung [Dürre] vorhanden ist, [so] dass die mühlen umgehen können, in des amtes mühlen mahlen, ausgenommen die von Wolmerschleuen [Wolmirsleben], die in der mühle daselbst, wie von alters her geschehen, bleiben mögen, bei zwanzig taler strafe, die ein jeder geben soll, der an den andern orten ohne not mahlt. So sollen sie dagegen in der mühle vor andern gefördert werden und mit dem beutelgeld oder sonderlichem [besonderem] trankgeld zu geben nicht beschwert werden, sondern sollen von jedem scheffel korn, so gebeuteltgebeutelt wird, nicht mehr als einen Magdeburgischen pfennig zu beutelgeld, und was schlecht geschrotet wird, nur die Metze geben; würde aber hierüber jemand von dem müller oder seinem gesinde gedrungen, mehr oder auch sonderliches trankgeld zu geben, der soll und mag es nur kühnlich ins amt berichten, so soll ihnen [das] wohl untersagt werden, und dazu in strafe genommen werden.

[25.]

Zum fünfundzwanzigsten soll ein jeder des gerichts einwohne, auf alle drei gerichtstage, so das jahr über erstmals und anfänglich gehalten werden, vor gericht zur rechten gerichtszeit erscheinen, und davon ohne erlaubnis des richters nicht weichen, es sei denn, dass das gericht aufgegeben und vollendet, bei verlust der richters wette [strafe] und dem amte einen gulden zur strafe; da |{S.17r} aber einer krank und schwach oder ehehaftige entschuldigung hätte vorzuweisen und es bei dem gerichte bezeugen lässt, soll derselbe dadurch wolle entschuldigt sein, so aber einer vor gerichte wäre rechtlich geladen und darüber unrechtlich ausbliebe, soll er in des amtes buße mit fünf talern und dem richter mit der wette verfallen sein.

[26.]

Zum sechsundzwanzigsten sollen auch die krüger oder sonst jemand keine spitzbuben oder anderm herrenlosen gesinde, auch gemeine unzüchtige Weiber und andere personen, so unehelich beieinander liegen oder in ehebruch sind, nicht beherbergen, sondern dieselben, wenn sie gewandert kommen, stracks wegweisen und vermöge erzbischöflichen man|{S.17v}dats nicht leiden, so aber einer dasselbe würde verachten und zu seiner behausung und krug verhängen und nachgeben, dass dieselben aufgehalten und von ihnen spitzerei und andere büberei, auch schand und laster getrieben würde, so sollen die bauermeister und alle einwohner des dorfs darane sein, dass den buben und bübinnen ihr gelag zerstört und nicht gestattet werde. So sie aber sollches wissenschaft trügen und es mit verhehlen wollten, sollen sie zugleich mit dem wirt und gästen in des amtes unbegnadeter strafe sein.

[27.]

Zum siebenundzwanzigsten sollen auch die einwohner dieses gerichts sich |{S.18r} wohl vorsehen, dass sie selbst mit solchen lastern nicht befleckt werden, denn wo einige person, es wäre dann mann, weib, knecht und magd, in solchen lastern sträflich befunden, sollen sie zu gleich beide, mann, weib, knecht und magd und also ein jeder in sonderheit dem amte zehn taler zur buße geben, oder im amt und gericht nicht gelitten werden, So denn auch eheleute, es wäre mann, weib oder auch uneheliche personen, sich mit ehelichen sich in dem fall versündigen, sollen dieselben nicht allein in der buße, sondern wie in vielberührtem [oft erwähnten] erzbischöflichem mandate davon meldung geschieht, auch dasjenige, was die schärfe des rechts hierüber geben wird, |{S.18v} gewärtig sein, davor ein jeder zu hüten und die seinen wird zu warnen wissen.

[28.]

Zum achtundzwanzigsten; als jährlich in den dörfern neue bauermeister auf den ersten gerichtstag, dienstag nach Walpurgis, verordnet und befestigt werden, so sollen hinfort die alten bauermeister auf den andern Walpurgis gerichtstag alle jahr, oder wenn man sie nach gelegenheit dazu fordern wird, ihre rechnung allhier zu Egeln vor dem hauptmann oder amtschreiber und den neuen verordneten bauermeistern tun, desgleichen auch die altarleute jährlich ihre rechnung tun, und doch im amte etliche jahr, inhalts |{S.19r} des erzbischöflichen mandats, bleiben sollen; und aber bei der Rechnung, so sie in den dörfern halten, nicht mehr als einen ortstaler, wie die fürstliche visitatoren verordnet, vertrinken, darnach sich dieselben, und ein jeder sich wird wissen zu richten, und nachdem nun in diesem artikel so wohl als in dem erzbischöflichen mandat den bauermeistern vornehmlich befohlen und auferlegt, gut aufsehen zu haben und die übertreter anzugeben, als wollen auch dieselben in dem ihren amts- und eidespflichten treulich nachleben und sich selbst vor schaden und gemeldeter strafe hüten.


Anmerkungen


01 Zum Amt Egeln gehörten seit 1561 (Übernahme Atzendorfs aus der Obödienz Gramsdorf in das Amt [LHASA, MD, Rep. Cop. Nr.115 S.20-21]) die Orte Atzendorf, Bleckendorf, Etgersleben, Tarthun, Schwaneberg und Wolmirsleben [Danneil (Hg.): Protokolle der Kirchen-Visitation 1562-1564. II. Flecken und Dörfer im Holzkreise. Magdeburg 1864 und Kirchen=Visitations Protocolle derer Zinsen und Schulen im Holtz und Jerichowschen Kreyßen de Anno 1583 / 1584 Vol. II. [LHASA, MD Rep.12 Gen. 439], und der Flecken Egeln-Altemarkt . In der Summarischen Beschreibung der Ämter ... Egeln von 1648 werden aufgezählt: Alten Weddy (Altenweddingen), Atzendorff, Bleckendorff (jetzt: Egeln-Nord), Ottersleben (falsch für Etgersleben), Schwaneberg, Tartün (Tarthun), und Wollmerssleben (Wolmirsleben). [LHASA, MD, Rep.12 Gen. 43, S.22] dazu (Egeln) Altenmarkt (s. Art. 21.) [Zurück]

02 Die drei Gerichtstage im Amt Egeln waren

Dienstag nach Walpurgis [s. Art. 28.](01.05. - erster Gerichtstag nach dem alten, Julianischen Kalender mit Jahresbeginn am 01.03.);
Dienstag nach Johannes (Tag der Veröffentlichung/Verlesung der Nachtrags-Dorfordnung 1591 [Engeln: Nachgeschriebene Artikel, nach welchen die Untertanen des amts Egeln sich achten und halten sollen. MGBll. 11(1876)]) und
Dienstag nach Trium Regum [Heilige Drei Könige - 06.01.] Tag der Veröffentlichung/Verlesung der Dorfordnung 1585] [Zurück]

03 Markgraf JOACHIM FRIEDRICH von Brandenburg (1546-1608): 1566 -1598 als Protestant Administrator (nicht Erzbischof) des Erzstifts Magdeburg, 1598-1608 Kurfürst von Brandenburg [Zurück]

04 Landesordnung des Erzbischofs JOHANN FRIEDRICH [LHASA, MD, Rep.A2 Nr.74]; Kirchen=Visitations Protocolle ... 1583/1584 a.a.O. [Zurück]

05 TRIUM REGUM: [Heilige] drei Könige - 06.01. [Zurück]

06 Markgraf SIGISMUND/SIEGMUND von Brandenburg (1538-1566): 1553-1566 Erzbischof von Magdeburg, Nachfolger seines Bruders FRIEDRICH (1530-1552), Erzbischof 1551-52 [Zurück]

07 ALTERMÄNNER: Altarmänner, Kirchväter, Vertreter der Gemeinde im Kirchenrat des Ortes [Zurück]

08 PRACTIK, PRAKTIK: unerlaubter kunstgriff, kniff, hinterlist, betrug, intrigue, böse anschläge und ränke [GRIMM: DWB] [Zurück]

09 FINANZ: nhd. im 16 jh. beständig im übeln sinn für betrug, list und böse ränke, der verkehr mit gewinnsüchtigen welschen kaufleuten und unterhändlern musz damals den eindruck hinterlassen haben, dasz ihre finanzen und geldgeschäfte auf wucher, kniffe und trug ausgiengen [Grimm: DWB] [Zurück]

10 RAUCHHUHN, RAUCHHENNE: huhn, das als abgabe vom eigenen rauche oder herde geleistet wird [GRIMM: DWB] [Zurück]

11 SCHOSZ (mit kurzem stammvocal): in der ausgebildeten nhd. schriftsprache übliche bedeutung von schosz ist die von steuer, abgabe; eigentlich bezeichnet schosz das was der einzelne zur bestreitung gemeinsamer ausgaben zuwirft [GRIMM: DWB] [Zurück]

12 NACHBARRECHT: mitgliedschaft einer dorfgemeinde und daraus hervorgehende rechte und pflichten. [GRIMM: DWB] [Zurück]

13 EISBOSZELN: Boßel hölzerne, mit Blei gefüllte, durchbohrte Kugel. BIKELSPIEL: eine steinerne Kugel und vier Hilten aus Kalbsbein oder Messing, eine Art Ballfangspiel [Pg. Wegener: Spiele aus dem Magdeburger Lande. [MGBl 16 (1882) S.410-437; 18(1884) S.1-16 und 146-183]
"Das verbreitetste unter allen mittelalterlichen Glücksspielen war und blieb das alte Würfel- oder Doppelspiel." "Unter den Brettspielen war bei den Bauern der Grafschaft Mansfeld im 16. Jh. besonders beliebt das 'Pilickespiel', eine Art Billard. Es bestand darin, dass man auf einer länglichen, mit einem Rande versehenen 'Pillicke-Tafel' oder einem Tisch die aus kreisrunden, unten glattgeschliffenen Steinen, Eisenstücken oder Knöcheln bestehenden 'Pillicke' nach einem bestimmten Ziel schnellte. Dieses 'Bilckenspiel' wurde in der Schenke zu Brettleben so leidenschaftlich gespielt, dass es 'große Ursach zu vielem Sauffen' gab und die darüber erbitterten Hausfrauen veranlasste, die 'beilicke' bei Nacht und Nebel wegzuschleppen und ins Wasser zu werfen. ... Ob 'boßkulen' mit 'Poskogeln' - einer Art Kegel - gleichzusetzen ist? Es wurde im Freien gespielt." [K. HELDMANN: Mittelalterliche Volksspiele... Neujahrsblätter. Hg. Historische Kommission der Provinz Sachsen. Nr.8. Halle 1908. S.31, 35] [Zurück]

14 SCHATZUNG: die auferlegung von abgaben und dieser tribut selbst [GRIMM: DWB] [Zurück]

15 UNPFLICHT: pflicht entsprechend; als leistung (bes. auszerordentliche, drückende, ungehörige) [GRIMM: DWB] [Zurück]

16 UNLUST: widerwärtiges, scheuszliches, hemmendes, quälendes, bedrängendes, lästiges, miszfälliges, schlimmes, böses, unheil, bedenkliches, schwierigkeiten, unannehmlichkeiten u. dgl. [GRIMM: DWB] [Zurück]

17 ACKERMANN: im Amt Egeln ein Bauer/Vollspänner mit ca. 6 Hufen und vier Pferden [Zurück]

18 Seit 1559 HERMANN PAPMEIER [Zurück]

19 MÜNDEL: der der mund, dem schutze eines andern befohlen ist [GRIMM: DWB] [Zurück]

20 VERLAUBNIS: erlaubnis, daneben die umgelautete form verleubnis VERLÖBNIS: verlobung. in älterer zeit hat verlöbnis noch die allgemeinere bedeutung 'versprechen'. VERLOBUNG: heiratsversprechung. in der ältern sprache selten vorhanden [Grimm: DWB] [Zurück]

21 FLECKEN: eine vor allem in Norddeutschland verwendete Bezeichnung für eine Minderstadt. Ein Flecken bildet für die umliegenden Dörfer einen Mittelpunkt und nimmt zentralörtliche Funktionen wahr. Dazu verfügt er über einige städtische Privilegien, wie z. B. das Marktrecht. [Wikipedia: Artikel "Flecken (Ort)"] [Zurück]

22 HAME, HAMEN: ein beutelförmiges netz mit einem stiele zum fischfange, ähnlich wie käscher [Grimm: DWB] [Zurück]

23 WADE: Fischfanggerät der Binnen-, Küsten und Hochseefischerei, mit dem man die Fische durch Umschließen der Netzwand (Wade) am Entweichen gehindert hat. [Geo TV Kiel: Artikel "Das Schönberger Wadenboot". http://www.geotvkiel.uni-kiel.de/index.htm?/filmseiten/wadenboot.htm [Zurück]

24 SATZWEIDE: setzreis von weiden, welches im frühjahr eingesetzt wird [GRIMM: DWB] [Zurück]

25 BESCHÄLT: die Rinde entfernt [Zurück]

26 BEFRETZT: befressen. FRETZEN: weiden, füttern; gebildet von fressen, wie etzen von essen. [Grimm: DWB] [Zurück]

27 Jungen, die die Pferde beim Weiden = Grasen hüten [Zurück]

28 PFANDMANN, PFANDSMANN: altmärk. PANNMANN: der (pfändende) feldhüter. [Grimm: DWB]. Auch: DORFKNECHT: dorfbüttel, flurschütze; analog STADTKNECHT: niederer polizeibeamter der stadt, dasselbe wie stadtdiener [Grimm: DWB]
In der Börde und im Telefonbuch nur in dieser Schreibweise: PANNEMANN. [Zurück]

28a UMGEHEN: 'sich herumdrehen' [Grimm: DWB] [Zurück]

29 BEUTELGELD: was die becker zur unterhaltung des beutels in den mülen entrichten. [Grimm: DWB] [Zurück]

30 TRANKGELD: Trinkgeld; auch bezeichnung für geldliche leistungen, wie einen zuschlag zum eigentlichen preis, den der käufer oder kunde entrichtet. [Grimm: DWB] [Zurück]

30a BEUTELN: sieben, sichten, das mehl durch den beutel, durch das sieb laufen lassen, wie in der müle und bei den beckern geschieht [Grimm: DWB] [Zurück]

31 Auf der Burg in Egeln - die Atzendorfer Einwohner mussten 14 km oder zwei Meilen zur Gerichtsstätte laufen, fahren oder reiten. [Zurück]

32 Unter einem ehehaften Recht versteht man im Zivilrecht ein subjektives Recht, welches einerseits in der heutigen Rechtsordnung nicht mehr vorgesehen und daher auch nicht mehr neu begründbar ist, dessen Bestand aber andererseits von der heutigen Rechtsordnung weiterhin anerkannt wird, wenn im Zeitpunkt der Begründung solche Rechte von der Rechtsordnung vorgesehen waren. Es handelt sich daher bei den ehehaften Rechten um Überbleibsel einer untergegangenen - oder zumindest abgelösten - Rechtsordnung. Ehehafte Rechte sind relativ selten; oft haben sie einen engen Zusammenhang mit der Landwirtschaft, so etwa bei den ehehaften Wasser(nutzungs)rechten. [Wikipedia: Artikel "Ehehaftes Recht"] [Zurück]

33 SPITZBUBE: schlauer betrüger, dieb, seit dem 16. jahrh. bezeugt; in älterer sprache am häufigsten von falschspielern. [Grimm: DWB] [Zurück]

34 GELAGER: lagerstätte oder lagerung von mehreren zusammen: [Grimm: DWB] [Zurück]

35 WALPURGIS: 01.05. / WALBURGA (eigentlich Valborg, auch Walburg, Waltpurde, Walpurgis, Walpurga, in Frankreich bekannt als Vaubourg, Falbourg, im normannischen Le Perche Gauburge = wehrhafte Burg); (mutmaßlich um 710 bis mutmaßlich 25. Februar 779, nach anderen Quellen 780), in Süddeutschland tätige Missionarin sowie Vorsteherin des Benediktinerklosters von Heidenheim. Gedenktage: Katholisch: 25.02.; in Eichstätt: Übertragung der Gebeine am 12. Oktober; in Münster: Ankunft der Gebeine am 4. August. Evangelisch: 25. Februar. Im Mittelalter auch Feier ihrer Heiligsprechung und Umbettung ihrer Gebeine am 1. Mai weit verbreitet. Daher Nacht zum 1. Mai: Walpurgisnacht. [Wikipedia: Artikel "Walburga"] [Zurück]

36 Hauptmann des Amts Egeln war von 1558 bis 1587 JOHANN v. LOSSOW. [Zurück]

37 ALTARLEUTE (Schreibweise: ALTERLEUTE): Kirchväter. / "Der Kirchvater (auch Altarmann, Gotteshausvater, Gottesvater, Heiligenmeister, Jurat, Kirchengeschworener) war ein gewählter Vertreter der Kirchengemeinde, der mit dem Pfarrer gemeinsam folgende Aufgaben wahrnahm: Beaufsichtigen des Vermögens der Gemeinde; Führen der Besitzverzeichnisse; Erheben von Einnahmen, Bestreiten von Ausgaben sowie Buchführung darüber; häufig gab es zwei Kirchväter. "Kirchvater" ist eine historische Form des kirchlichen Leitungsamtes." [Wikipedia: Artikel "Kirchvater"] [Zurück]




Zitieren dieses Textes:

(1) virtuell: http://ernstherbst.online.de/hist/urk/1585_dorford.htm und Datum der Einsichtnahme
(2) im Druck: VERF:,TITEL,ORT, JAHR
Text eingegeben: E. Herbst, 23.08.2007 Datum der Transkription: 23.08.2007
Letzte Änderung:
23.08.2007


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