Ernst Herbsts gesammelte Regesten, Urkunden, Texte, Vorträge und Erzählungen zur
Geschichte der Deutschordensritter in ihrer Ballei Sachsen

Urkunde

Merkpunkte zur Visitation der Ballei Sachsen des D.O. 1591

Datum

Regest

Quelle
1591 Juni 1591
Instruktion des Kommissars Johann von Bleichen, Komtur zu Heilbronn, im Auftrage des Hoch- und Deutschmeisters Maximilian von Österreich an den Landkomtur Johann v. Lossow im Ergebnis der Balleivisitation 1591.
XXX

Quelle

LHASA, MD [Standort: Wernigerode], Rep.A51 Tit II Nr.24. Bl.53


Beschreibung der Urkunde

Das Visitationsprotokoll, betreffend die Visitation der Ballei Sachsen 1591, ist Bestandteil eines Aktenbündels Fragmenta distribuenda von visitation d. B. Sachßen 1525 1591 (Bruchstücke, zuzuordnen den Visitationen der Ballei Sachsen. 1525 1591), das außerdem folgende Akten enthält:

  • Visitationsprotokoll 1526. [fol.3-11]
  • Schriftwechsel zwischen dem Deutschmeister Wolfgang Schutzbar, genannt Milchling (HDM 1543-1566) und dem Landkomtur der Ballei Sachsen Georg/Jürgen/Jurge Sehl/Sehle/Seel/Sele/Seele/Sehel/Zehel 1555. [fol.12-31]
  • Visitationsprotokoll betreffend die Visitation der Ballei Sachsen 1574. [fol.32-52]
  • Visitationsprotokoll betreffend die Visitation der Ballei Sachsen 1591. [fol.54-81]
  • Das Blatt liegt zwischen dem Visitationsprotokoll von 1574 und dem Protokoll von 1591. Es ist zweispaltig und beidseitig in der Schrift des Protokolls von 1591 beschrieben.
    Die Überschrift in fol.53r / Sp.1 lautet:

    Merkh Puncten, so der
    Herr LandtCommenthur
    sol handuesten, Auch
    etliche Abschaffen vnd Enndten.

    Der Vermerk des Archivars lautet:

    ad acta Visitatione
    der B. Sachsen
    de Ao 1591


    Publikationen

    Die Visitationsprotokolle der Ballei Sachsen und die darin enthaltenden "Merkpunkte" wurden anscheinend noch nie publiziert, denn Demel schreibt in seinem quellenreichen Abriss der Geschichte der Ballei Sachsen:
    Mit dem schon spätestens am 11. Oktober 1573 als Komtur zu Lucklum fungierenden Hans von Lossau gab es dann eine intensivere Korrespondenz Heinrich von Bobenhausens (1572-1590) mit diesem Ordensritter wegen der geplanten Balleivisitation Sachsens, die jedoch auf Bitten Lossaus vom 7. November 1573 erst für die Zeit zwischen Ostern und Pfingsten 1574 erbeten wurde, aber dann doch nicht zustande kam.
    Die Balleivisitation 1591 wird von ihm gar nicht erwähnt.


    Text

    {S.53r Sp.1}

    Merkh Puncten, so der Herr LandtCommenthur sol handuesten, Auch etliche Abschaffen vnd Enndten.

    {S.53r Sp.1}

    Merkpunkte, die der herr landkomtur handfesten, auch etliche abschaffen und enden soll .

    Was Vor Mengel Vnd Gebrechen Vermog Vnserer Instruction Zu endern vnd AbZuschaffen Vnd darob Zu Halten sey.

    Was für mängel und gebrechen vermöge unserer instruktion zu ändern und abzuschaffen sind und dass darob zu halten sei.

    Der Herr Landt Commenthur sol Jherlich Rechnung von Andern Commenthurn Abhören, Vnd Hingegen Ihnen widerumb Rechnung Laisten, Vnd es Dahin Richten, das die Rechnungen Ordenlich gemacht, wie dan Jedem Hauß ein Kurtze form, sich Darnach Zu richten, Zugestelt worden.

    Der herr landkomtur soll jährlich rechnung von anderen Komturen abhören und hingegen ihnen wiederum rechnung leisten und es dahin richten, dass die rechnungen ordentlich gemacht werden, wie dann jedem haus ein kurzes formular, sich danach zu richten, zugestellt worden ist.

    Das, wan einer Ordens Person ein Hauß eingeraumbt, das er Dasselb, die Zeit seins lebens sol besitzen, Sol abgeschafft, Vnd ein Jeder nach seinem Wol oder vbelhaltten mit Heüsern begabt werden, wie In der Bolley Francken gebreüchig.

    Es soll abgeschafft werden, dass, wenn einer ordensperson ein haus eingeräumt wird, er dasselbe die zeit seines lebens besitzen soll, sondern ein jeder sol nach seinem wohl- oder übelhalten mit häusern begabt werden, wie in der ballei Franken gebräuchlich ist.

    Der Herr Landt Commenthur Sol den Heüsern Ir Anlag gelt, In Keinen Weg austeen lassen, sondern sollens Jedes Jars lifern, es were dan sach, das es an das Bawen verwandt würde.

    Der herr landkomtur soll den häusern ihr anlagegeld auf keinen fall ausstehen lassen, sondern sie sollen es jedes jahr liefern, es wäre denn sache, dass es an das bauen verwendet würde.

    {S.53r Sp.2}

    Die so berüchtigte Maiden oder vnzüchtige Weiber Im oder außerhalb des Ordens Heüßern haben, Sol der Herr Landt=Commenthur abschaffen Vnd nit gedulden.

    {S.53r Sp.2}

    Diejenigen, die berüchtigte maiden oder unzüchtige weiber im oder außerhalb der häuser des ordens haben, soll der herr landkomtur abschaffen und nicht dulden.

    Der Herr Landt=Commenthur sol die Vorsehung thun, das die Verkauffte güter In der Statt Goßlar, so gegen Weddingen gehorig, Vnd Dittrich Bockh Vor Wenig Jarn Verkaufft, Widerumb Zum Orden möchten gebracht werden.

    Der herr landkomtur soll die vorsorge tun, dass die verkauften güter in der stadt Goslar, die zu Weddingen gehören und die Dietrich Bock vor wenigen jahren verkauft hat, wieder zum orden gebracht werden mögen.

    Jah Das Durchauß In Allen Heüßern Vnd Commenthureien, alle des Ordens güter, einkommen vnnd gefell, Auch Recht vnnd gerechtigkeiten, Ordenlich beschrieben, vnd In ein Saal oder Logenbuch gebracht, Auch Jedem Hauß ein Copey seiner güetter Zugestelt damit sich Jeder, Vnd sonderlich die Nachkömling dornach wißen Zu richten, Vnd dem Orden ferners nichts enzogen mögtte werden.

    Ja, dass durchaus in allen häusern und komtureien alle güter, einkommen und gefälle, auch rechte und gerechtigkeiten des ordens ordentlich beschrieben und in ein sal- oder logenbuch gebracht werden, auch jedem haus eine kopie seiner güter zugestellt wird, damit sich jeder, und besonders die Nachfolger danach zu richten wissen und dem orden ferner nichts entzogen werden möchte.

    Sol auch anhalten, Das des Ordens Heüser gebauet, gebessert vnd gehandvest werden, Vnd nit alß gar zu grunde gehen mögen.

    Soll auch anhalten, dass des ordens häuser gebaut, gebessert und gehandfestet werden, und nicht sogar zugrunde gehen mögen.

    Sol Auch souil müglich, vnd nothhalb Vmbgang kan gehaben, Die früchten nit so zeitlich verkauffen, sondern ein Zeitlang ligen lassen, Das es mit Rath Zu gelt gemacht, vnd den Heüßern, damit desto baß gesteüret werde.

    Soll auch soviel wie möglich und notfalls man sich Zeit lassen kann, die früchte nicht zu zeitig verkaufen, sondern eine zeitlang liegen lassen, dass es mit Verstand zu geld gemacht und den häusern damit desto mehr geholfen werde.

    Sol auch das Vbrige vnd vn nottwenndige gesinde in Des Ordens Heußern, es sey In Welchem er wolle, Abschaffen.

    Soll auch das überflüssige und nicht notwendige gesinde in des ordens häusern, es sei, in welchem es wolle, abschaffen.

    Es Sol auch der Herr Landt=Comenthur mit Ernst Darob Halten, das Jede Ordens Person, das Creuz am Halß trage.

    Es soll auch der herr landkomtur mit ernst darauf achten, dass jede ordensperson das kreuz am halse trage.


    Anmerkungen

    VISITATION: Durchsuchung; Untersuchung, insbes. des Zustandes einer Amtsstelle seitens des Vorgesetzten. Im Kirchenrecht der offizielle Besuch des Trägers der kirchlichen Gerichtsstelle in seinem Gerichtsbezirk; als Mittel der kirchlichen Aufsicht über das glaubens-, sitten- und ordnungsgemäße Verhalten der Kirchenangehörigen und den Zustand der kirchlichen Sachen, Anstalten und Orte seit dem 4. Jh. bezeugt.
    [PC-Brockhaus 2004 "Visitation"; Wikipedia: Artikel "Visitation"] [Zurück]

    DEMEL: Bernhard Demel: Die Deutschordensballei Sachsen vom 13. - 19. Jahrhundert - ein Überblick. In: ders.: Der Deutsche Orden im Spiegel seiner Besitzungen und Beziehungen in Europa. Frankfurt/M. u.a. 2004. S.36 [Zurück]

    HEILBRONN: Während des 13. Jahrhunderts erhält auch der Deutsche Ritterorden im Süden von Heilbronn ein großes Gebiet, das erst 1805 säkularisiert werden sollte. Der Orden errichtet darauf ab 1268 den Deutschhof als Hauskommende. Die darin gelegene Deutschordenskirche wurde kontinuierlich ausgebaut (1350 gotische Erweiterung, 1719 Barockisierung, 1977 Weihe zum Deutschordensmünster).
    Wikipedia: Artikel "Deutschordensmünster St. Peter und Paul (Heilbronn)"] [Zurück]

    HANDFESTEN: zur Geltung bringen.
    [Grimm: DWB] [Zurück]

    ANLAGE : im 16 jh. fast nur die angelegte, auferlegte abgabe und steuer.
    [Grimm: DWB] [Zurück]

    SALBUCH: [saal-, sahlbuch]: buch, in welches alle einem eigenthümer gehörenden grundstücke, an denselben gemachte schenkungen und die daraus flieszenden einkünfte urkundlich eingeschrieben sind.
    [Grimm: DWB] [Zurück]


    Alle Rechte der - auch auszugsweisen - Vervielfältigung zum Zweck der kommerziellen Verbreitung beim Verfasser.


    Zitieren dieses Textes

    (1) virtuell: http://ernstherbst.online.de/hist/urk/1591_ba-sa_visitation_m.htm und Datum der Einsichtnahme
    (2) im Druck: Ernst Herbst: Merkpunkte zur Visitation der Ballei Sachsen des D.O. 1591, Atzendorf 2007
    Text eingegeben: E. Herbst, 27.09.2007
    Datum der Transkription:
    27.09.2007
    Letzte Änderung: 25.05.2008


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