Ernst Herbsts gesammelte Urkunden, Regesten, Texte, Vorträge und Erzählungen zur
Geschichte der Deutschordensritter in ihrer Ballei Sachsen


Urkunde

Vertrag
zwischen den Grafen von Stolberg-Wernigerode und dem Komtur des DO zu Langeln (Urkunde. Wernigerode 24.07.1589 a.St.)


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Regest

Ludwig v. Lochau, Domdechant zu Magdeburg, Ludolf v. Rössing, Matthies v. Veltheim und Dr. Lazarus Köhler vergleichen die Grafen zu Stolberg und den Komtur zu Langeln wegen des Tannenholzes am Papenberge, der Schweinemast und Jagd am Sachsenberge, der Gesamthut auf dem Pfingstanger bei Waterler, des Kornmahlens in den Mühlen der Grafschaft u.a.m.


Text

{S.1r} Wir Ludwig von Lochaw 1) , thumbdechant der erzbischofflichen kirchen zu Magdeburg, Ludolff von Rossing auf Wolperoda 2) , Matthias von Veltheim auf Derneburg 3) etc erbsessen etc und Lazarus Koler 4) , der rechten doctor etc hirmit urkunden, nachdeme zwischen dem wollgebornen und edlen hern, weiland hern Albrecht Georgen nunmehr seligen 5) und her Wulff Ernsten 6) gevettern, graffen zu Stolberg, Konnigstein, Rutschefort und Werningeroda 7 etc., an einem und dem erwirdigen edlen und ernvhesten hern Otten von Blanckenburg, commentorn zu Langlem, anders teils irrung und gebrechen etzlicher nachfolgender puncten halber sich erhoben, derer etzliche zwischen wolgedachtem graffen als beclagten an einem, und dem hochwirdigen fursten und herren hern Heinrichen 8) administrators des hochmeisterthumbs in Preussen, meister teutsches ordens in teutschen und welschen landen, clegern anders teils an dem keyserlichen cammergericht zu Speyr zu recht anhengig geworden, etzliche aber unterhangender |

{S.1v} rechtfertigung sich entspunden und von wolgedachtem graffen und herrn Wulff Ernsten zu Stolberg etc. und vorgenantem hern Otten von Blanckenburg uns darinnen gutliche handlungen eingereumet worden, wie das wier auff beiderseits beschehene bewilligung dieselben streitige artikel gutlich abgehandelt, vorgliechen und vortragen, wie volget.

Und erstlich so viel anlanget das dannenholz im Pagenberge und was nach außweisung der grenitz doselbs dem commentor hoffe zugehorig, welchem Pagenberg der her commentor vor des ordens eigenthumb und das derselbe von den vorigen comentorn ider zeit geruiglich genutzet, feur- und baw holtz darin geschlagen, zu des ordens hoffe gebrauchet, auch zu weilen andern verkaufft worden, anziehen undt furbringen lassen, und darneben sich beschweret, das ihme vom hern graffen an dem tannenholtz, und desselben brauch, thetlicher einhalt, und pfandung begegnet, darwieder am keyserlichen cammergericht |

{S.2r} mergerich mandatum de restituendo außgebracht, der her graff aber dawider angezogen, das s.g. und derer vorfahrn in allen geholtzen, in i.g. graff und herschafften gelegen, auch in der closter holtzen und im Pagenberge, die tannenbeume durchaus zustendig, welchs i.g. also in possess sich dessen gebrauchten und den clostern und undterthanen das kleine und undterholtz alleine zustunde,
ist dieser artikel dahin gerichtet, und abgehandelt, das der her commentor mehr wolgedachtem hern graffen etc. vor s.g. am tannenholtz dieses orts angegebene gerechtigkeit vier hundert thaler geben und der forderung der abgepfendeten schweine, viehes und korns fallen lassen, und er und seine nachkomen an dem commentorhoffe forder an ihrem eigenthumb, besitz und niessung der tannenbeum, von dem hern graffen und s.g. nachkomen unvervnruiget bleiben sollen, jedoch alle hocheit der gericht und jagt ausgenommen, die s.g. ihnen vorbehaltten.

Zum andern, betreffend die schweinemasst |

{S.2v} im Sachsenberge auff des ordens gehelzen, daran dem commentorn vom hern graffen und s.g. dienern gleicher gestalt einhalt und pfandung begegnet,
ist es dohin gerichtet, das der her commentor wen der orter (doch außgenommen des closters Wasserlehr 9) holtzungen) mastung ist, soll zwenzig schweine einzutreiben haben, daran er auch verunruiget bleiben soll.

Zum dritten, die jagt in und vor dem Sachsenberge belangend, sol dem hern commentor dieselbe in und vor dem huner busche, beim untrewen baum im juden thall im commentor holze und in der wasserlerischen gemeine biß an die stapelburgische 10) heerstrasse vorm holtze, mit dem einlappen nach hasen und fuchsen allein, zu jagen und zu hetzen ungeweret sein und bleiben.

Zum vierdten, die sampthute auff dem Pfingstanger bey Wasserlehr belangendt, weil der vertrag zwischen den leuthen zu |

{S.3r} Wasserlehr und Langlem den hern commentor nicht binden kan, sol es mit der huet und trifft auff diesem anger, wie es vor itzt ermeltem vortrage gewesen in dem stande bleiben, und der vertrag cassiret sein. Und da sonst irrung zwischen dem commentor, und der gemeine furfallen würden, sol solchs zu der hern graffen erkenthnus stehen.

Aber zum funfften, die huet im rhoden bey Schmatfelde 11) , desgleichen die mhalsteine 12) , sollen dieselben orter forderligst in besichtigung genohmen, und was ein jeder aldo mit lebendigen urkunden oder sonsten beweisen wirdt, dobey geruiglich gelassen, auch mit obermelten mhalsteinen gewisse richtigkeit gemacht werden.

Zum sechsten, weil der her commentor angezogen, das dem commentorhoffe, jederzeit frey gestanden, in und ausserhalb der graffschafft sein korn zur mhule zu fhuren, und mahlen zu lassen, |

{S.3v} daran ihme aber von dem hern graffen einhalt geschehen und pfandung begegnet, so wil der her graff ihnen forder zu den mhulen in der graffschafft nicht zwingen, sondern ime die mhulen jher fur sein hauß ohne allen zwang frey lassen, dagegen der her commentor sich erbothen, das er ohne erheischung besonderer noth, und so lang ihm nur in den mhulen in der graffschafft gleich und billigkeit begegnet, sein korn in andere mhulen ausser der graffeschafft nicht fhuren lassen wolle.

Zum siebenden. Nach dem der her commentor, als er von den hern Grafen in verstrickung genohmmen, eine zeitlang darinnen enthaltten, aber derer endlich gegen seinem, von sich zur widereinstellung gegebenen revers, erleddiget worden, weil mehr wolgedachter graff Wolff Ernst auff unser vleissige unterhandlung den hern commentor, von solcher |

{S.4r} verstrickung genzlich loßzehlen, inmassen er hiemit davon gentzlich losgezellet, und der gegebener revers nunmehr unbundig und cassirt sein und bleiben, auch auffgesucht und dem hern commentor zu seinen handen widerumb zugestellet werden. Doch denen vom hern commentor beschedigten an ihrer forderung nichts benommen. Gegen solcher gnediger erlassung sol und wil der her commentor sich gegen dem hern graffen aller gebuer bezeigen, solche bestrickung weder reden noch eiffern, auch wider i.g. sich in unbillichen sachen nicht gebrauchen lassen und sich gegen s.g. undterthanen friedlich verhaltten.

Was dan ferner der her graff, wider den hern commentor ausserhalb itz abgehandelter artikell vorbringen lassen, nemblich das der her commentor acht hufen landes, so zehend frey vorreinet und versteinet, seines gefallens endere, und an stad |

{S.4v} der vorreineten und versteineten 13) hufen andere hufen an orten, do nach seinem erachten das beste getredich wachse, aussuche, und denn hern graffen mit s.g. zehendten an andere huffen weisen wolle, dagegen der commentor berichtet, das die acht zehendt freyen huffen an gewissen orten nicht vorreinet noch versteinet,
ist dieser punct dohin vergliechen, das, do sich die vorsteinigung von solchen acht zehendfreyen huffen nicht finden sollte, das alsdan an dero stad sollen vom hern commentorn mit zuthun anderer vom hern graffen hierzu vorordenter unverdechtiger personen, andere acht hufen, aus gewiesen, verreinet undt versteinet werden, welche dem orden wie voralters allewege zehendt frey bleiben sollen.

Zum andern haben i.g. auch die außhebung der mhalsteine anziehen lassen. Darauff ist verabschiedet, das |

{S.5r} das wie oben beim funfften artikel gesetzet, wen die besichtigung des angers im Rhoden geschicht, solche zu gleich besichtiget und zu ihrer richtigkeit sol gebracht werden.

Wan dan wir obbenante unter hendeler, diese abhandlung und vorgleichung von beider hern parthen in guttem auff und angenommen, vorstanden, inmassen mehr wolgemelter her graff fur sich, desgleichen der her commentor, in bey sein und mit consens des hern landt=commentors 14) , diesen allen obgesatzten artikeln nachzukomen, und hirzu s.g. ihrer hern brüder und vettern und der her commentor seines gnedigsten hern und obern etc. eonsens und ratification, auszubringen bewilligt.

Und sollen hiedurch, die am keyserlichen cammergerichte zwischen beiden partheien schwebende rechtfertigunge uffgehoben und gefallen sein, wie dan der her |

{S.5v} commentor bewilliget, dieses an den hern teutschen meister furderlich gelangen zu lassen, domit von s.f.g. die process am keyserlichen cammergericht eingestelt und abgeschaffet werden mugen; derogleichen der her grave zu thun sich auch erbotten.

Dessen zu urkund, auch vhester haltung, haben wir diesenn vertrag mit unsern angebornen und gewohnlichen pitzschafften bedrucket, und mit selbst handen unterschrieben, alles getreulich und ohne gevehrde, actum auff dem rhathause zu Werningeroda, den 24: Julii nach Christi unsers lieben hern geburt, im funffzehen hundersten und neun und achtzigsten jahre.

Ludwig von Lochow domdechandt zu Magdeburgk manu propria sst.
Ludoff vonn Roßingk mein eigenn handt sst.
Matthies von Velthem mein handt sst.
Lazarus Köler doctor sst.



Quelle / Publikation

Urkunde:
LHASA, MD, Rep.H Stolberg-Wernigerode, H.A. B 07 Fach 01 Nr.6 S.1r-5v
Kopien:
1. LHASA MD Rep.A51 II Nr. 32 Bl.28r-29r (amtliche Kopie der Stadt Braunschweig 1591)
2. LHASA, MD, Rep.H Stolberg-Wernigerode, H.A. B 101 Fach 08 Nr.68 S.6r-10r
Druck:
E. Jacobs (Hg.): Urkundenbuch der Deutschordens-Commende Langeln und der Klöster Himmelpforten und Waterler in der Grafschaft Wernigerode. GQProvSa-15. Halle 1882. Nr.93. S.60-83
Kommentar E. Jacobs [UBL]: Urschrift Papier, acht beschriebene Folioseiten im gräfl. H.-Arch. in Wernigerode. B.7.1. Papierzeichen: im Schilde (3 cm. hoch) das Wernigerödische Stadtwappen, vgl. Taf. XV, Nr. 113. Dabei liegt auch eine von dem Notar Heinrich Lorenz Gotsch Wernigerode Nov. 1712 vidimierte Abschrift. Lazarus Köhlers Siegel zeigt im waagerecht geteilten Schilde oben einen, unten zwei Sterne. Ein Stern ist Helmkleinod.
Anmerkungen

1) Ludwig von Lochau/Lochow (1546-1616). Magdeburger Domherr, Dekan/Dechant 1589, Hängeepitaph von Sebastian Ertle und Bronzegrabplatte im Magdeburger Dom. L.v. Lochow war einer der vom Landkomtur J.v. Lossow eingesetzten Vollstrecker seines Testaments. [Zurück]

2) Wolferode, ca. 5 km sw Lutherstadt Eisleben [Zurück]

3) Derenburg [Zurück]

4) Köhler [Zurück]

5) Albrecht Georg von Stolberg-Wernigerode [02.03.1516-04.07.1587]. Vater: Botho III. der Glückselige [1467-18.06.1538], Mutter: Anna von Eppstein-Königstein und Mark-Rochefort [1482-1538]. A. G. war der Kurfürsten Joachim II. und Johann Georg von Brandenburg Rat und oftmaliger Gesandter; er focht 1532 und 1542 in Ungarn gogon die Türken.
A.G. regierte in den Stolbergischen Harzgrafschaften nach seines Bruders Wolfgang [1501-1552] Tod bis Michaelis [29.09.] 1566 gemeinschaftlich mit seinem Bruder Ludwig [12.01.1505-0].09.1574], von Michaelis 1568 bis dahin 1570 (nach dem Augsburger Vergleich von Pfingstabend 1566) allein, von Michaelis 1572 bis 1574 wieder gemeinschaftl. mit Ludwig und seinem Neffen Wolf Ernst [30.11.1546-10.04.1606], von da bis zu seinem Tode weiter in Gemeinschaft mit letzterem. [Stammtafel 1887, Tafel II Nr.26] [Zurück]

6) Wolf Ernst [1546-1606]. Vater: Wolfgang [1501-1552], Mutter: Genovefa zu Wied (+1556).
1589-1594 Statthalter und Hofrichter zu Wolfenbüttel, Gründer der Gräflichen Bibliothek zu Wernigerode.
W. E. regierte in den Stolbergischen Harzgrafschaften, zuerst nach dem Augsburger Vergleich von Pfingstabend 1566, von Michaelis [29.09.] 1570 bis Michaelis 1572 allein, ferner bis 01.09.1574 gemeinschaftlich mit seinen Oheimen Ludwig und Albrecht Georg, endlich von da bis 04.07.1587 mit letzterem allein. Am 17.08.1587/11.12.1588 teilten die Söhne Wolfgangs und Heimrichs XXI. die sämtlichen Hausbesitzungen und es erhielten hiebei die ersteren die Harzgrafschaften, welche sie 1589 wieder in der Art unter sich teilten, dass W. E. die Grafschaft Wernigerode, Johann die Grafschaft Stolberg, Heinrich XXII. die Grafschaft Hohnstein erhielt. [Stammtafel 1887, Tafel III Nr.04] [Zurück]

7) Rochefort, Königstein und Wernigerode [Zurück]

8) Heinrich von Bobenhausen: Ratsgebietiger der Ballei Franken, Komtur zu Blumenthal bis zur Wahl zum HDM des DO am 06.08.1572. 1585 bis 1590 mit Kodjutor Maximilian I. Erzherzog von Österreich. +21.03.1595 in der Ko Weißenburg/Elsaß. [Boehm HM S.5] [Zurück]

9) Wasserler, Wasserleben, ca. 3 km w von Langeln [Zurück]

10) Stapelburg: ca. 12 km w von Langeln [Zurück]

11) Schmatzfeld ca. 3 km sw von Langeln [Zurück] 012 Malstein: stein zur bezeichnung einer grenze, markstein, grenzstein. [Grimm DWB] [Zurück]

13) verrainen: durch einen rain begrenzen, abgrenzen.
versteinen: 'mit [grenz-]steinen versehen'; die felder, äcker versteinen [Grimm DWB] [Zurück]

14) Johann von Lossow (1523-1605) [Zurück]


Abkürzungen und Sigel
Deutscher Orden
Ballei Sachsen im 16. Jh.
Johann v. Lossow
Otto v. Blanckenburg
Archive
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Literatur
Denkmäler
Letzte Änderung 26.03.2007
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