Ernst Herbsts gesammelte Urkunden, Regesten, Texte, Vorträge und Erzählungen
zur

Geschichte der Deutschordensritter in ihrer Ballei Sachsen

E. Schulz:
Frommer Ritter soll einst Dorfleute beschützt haben


Lübbenow (EB/E. Schulz). Der Ort nahe Woldegk, einst als "Rodungssiedlung eines Hildebrand" gegründet, wird urkundlich erst 1346 erwähnt. Ein "prefectus in Hildebrandeshagen" ist Zeuge für seinen Herrn, den Ritter Anselm von Blanckenburg zu Wolfshagen. Ebelow Parleberch heißt der Dorfschulze (prefect), Hildebrandshagen gehört den von Blanckenburg zu Wolfshagen, die Urkunde dem Franziskanerkloster zu Prenzlau. Somit wäre eigentlich ein Jubiläum angezeigt - 650 Jahre schriftlich überlieferte Geschichte eines Hagendorfes unweit der uckermärkisehen Grenze sind aufzuhellen...

Sagen gehören dazu

Zum historischen Inventar gehören auch Sagen. Für Hildebrandshagen ist eine überliefert, die wir so erzählen: Vor langer Zeit lebte hier ein gütiger Ritter. Dreimal so groß wie heute war die Dorfflur. Der fromme Ritter tat alles, um den Dorfleuten das Leben zu erleichtern und sie zu schützen, doch Krieg und Notzeit suchten auch sein Dorf und Schloß heim. Bittere Zeit begann. Trübsinnig pilgerte der Ritter fast täglich den alten Weg am See entlang.

Als Hexe verschrien

Eines Tages begegnete ihm eine alte Frau, die in Fürstenwerder als Hexe verschrien war. Die Alte sah ihn an und sprach: "Ich weiß, hoher Herr, warum Ihr so traurig seid. Laßt in den Wiesen am Köhntopp graben, und Eure Trauer findet ein Ende!"

Der Ritter gab jedoch nichts auf diesen Rat. Doch als seine Leute sehr große Not litten, ließ er in den Wiesen graben. Kaum hatte man begonnen, da ertönte großes Wehgeschrei aus der Tiefe. Dem Ritter schien es, als weinten Kinder vor Schmerzen. Er befahl, das Graben einzustellen.

Der Ritter gab jedoch nichts auf diesen Rat. Doch als seine Leute sehr große Not litten, ließ er in den Wiesen graben. Kaum hatte man begonnen, da ertönte großes Wehgeschrei aus der Tiefe. Dem Ritter schien es, als weinten Kinder vor Schmerzen. Er befahl, das Graben einzustellen.

Als er eines Tages wieder allein am Ufer des Sees war, erschien ihm ein kleines, kaum daumengroßes Männchen. Es winkte den Ritter zu sich herab und flüsterte: "Du bist ein milder Herr. Weil du mein Volk in einer tausendjährigen Ruhe nicht gestört hast, schenke ich dir etwas, was mehr wert ist als ein Schatz. Geh' in deinen Schloßkeller, dort wirst du finden, was ich dir schenke." Auf der Schwelle seines Kellers in dem zerstörten Schloß fand der Ritter einen altertümlichen Hammer und wartete darauf, daß die Unterirdischen denselben zur Nachtzeit in Gold verwandelten.

Zauberkräftiger Hammer

Doch nichts geschah. Tage und Wochen vergingen. Enttäuscht schenkte der Ritter den zierlichen Hammer einem getreuen Knecht. Dieser meinte, er werde sich einige neue Schuhzwecken zurechthämmern. Kaum hatte er es gesagt, da lag auch schon eine funkelnagelneue Zwecke in seiner Hand. Der pfiffige Knecht erkannte die Wunderkraft des Hammers. "Paßt auf, Herr, wollt ihr eine neue Egge?" Sprach's, und neben ihnen stand eine Egge mit blitzenden Zähnen. Ackergerät, Nägel, Wagenräder, Brattiegel, alles, was man sich denken kann, ließ der Hammer entstehen.

Glück und Wohlstand zogen in das Dorf ein, das bald wieder so dastand wie es vor Krieg, Not und Verwüstung gewesen war. Den Wunderhammer aber nahm der Ritter, als er verstarb, mit in eine andere Welt.

Kanzel gestiftet

In der Fachwerkkirche von Hildebrandshagen (erbaut 1580) kann man die Abbildung des Hämmerchens bewundern. Das Flachrelief des Otto von Blanckenburg zeigt den Ritter in voller Rüstung mit dem Streithammer (!) in der rechten Hand.
Otto von Blanckenburg stiftete den schönen Renaissance-Altaraufsatz (1588) und auch die Kanzel (1597). Er besaß 1599 das gesamte Dorf mit Gerichtsbarkeit, Kirchlehen und Gerechtsamen.
Infolge des Dreißigjährigen Krieges verarmten die Blanckenburgs; noch 1654 hat Otto von.Blanckenburgs seel. Wittiben 6.256 Thaler unbezahlte Schulden. Das Dorf liegt wüst, 27 Bauemhufen sind verödet.
1684 kommt der Ratgeber des Großen Kurfürsten, O. F. v. Schwerin zu Wolfshagen, in den Besitz von Hildesbrandshagen.

Zu Tode geprügelt

Daß die Blanckenburgs nicht so friedfertig waren, wie es uns die Sage vermittelt, mögen zwei Beispiele verdeutlichen.
1543 erweist sich bei der Kirchenvisitation, daß die Kirchstätte mit drei Hufen von Blanckenburg genommen hat.
1558 kam es zum Streit um Fischrechte. Die Blanckenburgs zu Hildebrandshagen verweigerten Untertanen ihrer Vettern zu Wolfshagen mit buchsen und anderen mördlichen wehren das Fischen im Fürstenwerderschen See. Das Dorfoberhaupt von Göhren wurde dabei zu Tode geprügelt.

Es war wohl nur der Sage nach ein Wunderhammer.


Bibliografische Angaben
Nordkurier 1996 Nr.271 v. 10.11.1996
Deutscher Orden
Ballei Sachsen im 16. Jh.
Johann v. Lossow
Otto v. Blanckenburg
Archive
Abkürzungen und Sigel
Literatur
Denkmäler
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Letzte Änderung 19.04.2007
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