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Reisetagebuch aus Palästina
20. bis 30. Januar 2001
von Anja Förster, Maher Fakhoury und Ernst F. Herbst
Magdeburg / Schönebeck / Atzendorf / Wanzleben im Februar 2001

Inhalt
Sonnabend, 20.01. Erster Tag Reise nach und Ankunft in Ramallah
. . Jamila und Omar
Sonntag, 21.01 Zweiter Tag Bei der deutschen Wirtschaftsvertretung
. . Ahmed
. . Im Internetcafé: Mona
. . Zu Gast in Jerusalem
Montag, 22.01.  Dritter Tag Bethlehem: Jirius Frej und Mitri Raheb
. . Beit Jala: Bei Terroropfern
. . El-Khader: Hoffnungsblumenschule
Dienstag , 23.01. Vierter Tag Nablus und Askar: Al-Lod
. . Nablus: Josephs Grab
Mittwoch, 24.01. Fünfter Tag Jerusalem: Al-Haram al-Sharif
. . Maher als Sicherheitsrisiko für Israel
Donnerstag, 25.01. Sechster Tag Hebron: In der Hölle
. . "Zone C": Abdullah
. . Jerusalem: Der Kadi
Freitag, 26.01.  Siebenter Tag Ramallah: Demo zum City Inn
. ^. Perspektive: Der Krieg
Sonnabend, 27.01. Achter Tag Ramallah: Khalil-Sakanini-Kulturzentrum
. . Hoffnung aufs Sommercamp 2001
. . Palästinensische Zentrale für politische Bildung
. . Fatima und Jehad
Sonntag, 28.01. Neunter Tag Ramallah: Zentrum fürFolteropfer
. . Im Büro der Al-Fatah
Montag, 30.01. Letzter Tag Ausreise und Einladung
Anja H. Förster: .
Wed, 24 Jan 2001
„You're mad!"
Wed, 24 Jan 2001
„Do you know what your kids do at this moment?"
Fri, 26 Jan 2001
 „A rather unusual Xmas present"
Fri, 26 Jan 2001
„When you see your life flashing in front of your eyes"
Sat, 28 Jan 2001
„The Wild Wild West"
Sat, 28 Jan 2001
„Where hell becomes part of the daily life"
*) Die Namen der Privatpersonen, mit denen wir gesprochen und über die wir geschrieben haben,
sind frei erfunden, die Personen leben (noch).
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Erster Tag

Ramallah, Sonnabend, 20.01.2001

Salam und hallo,

hier kommt unser erster Reisebericht.
Wir sind mittendrin in Palästina und melden uns aus dem Internet-Café in Ramallah.

Reise und Ankunft in Ramallah

[vgl. auch „You're mad!"]
Die Reise begann gestern kurz nach 6:00 Uhr in Magdeburg und führte mit Aufenthalten in Frankfurt, Larnaca (Zypern), und Amman (Jordanien) über die Allenby-Jordanbrücke nach Ramallah (Ankunft heute 14:00). Bei Ein- und Ausreisekontrollen in Larnaca und Jordanien wurde natürlich unser im Libanon geborener Freund und sein Pass besonders gründlich unter die Lupe genommen.

Wisst ihr, dass man in Larnaca links fährt, mit zypriotischen Pound bezahlt und für eine Taxifahrt vom Flugplatz in die Stadt kräftig blechen muss?

Amman zeigt sich uns weder bei Nacht noch früh im Regen von seiner besten Seite.

Für jemanden; der vom Jordanfluss in den biblischen Legenden, in Spirituals, in der Redewendung („über den Jordan gehen") und in Berichten über die Grenze zwischen Jordanien und der West-Bank gehört und gelesen hat, ist die erste Begegnung mit diesem Rinnsal eine echte Enttäuschung.

Auf der palästinensischen Seite des Jordan gab es ein interessiertes Gespräch mit der Vertreterin der israelischen Besatzungsmacht, die sich über das Woher und Wohin und Warum und Wieso unserer Reise informiert. Nachdem wir ihre Neugier befriedigt und nachdem die Passkontrolleurinnen die Identität des ältesten Reisenden mit seinem jugendlichen Passbild akzeptiert haben, darf der Bus bestiegen werden, der aus der besetzten Militärzone am Jordanufer ins besetzte Gebiet der „Zone C" vor Jericho fährt.
An der ersten Kreuzung können wir unserem Freund Ahmed, der uns mit seinem Wagen nach Ramallah bringen will, nur zuwinken - Aussteigen aus dem Bus ist nicht erlaubt. So nimmt er uns später auf.
 
Zur Erinnerung für Ortsunkundige: 
Das „Leopardenfell" der beiden sogenannten palästinensischen „Autonomiegebiete" Westbank und Gaza-Streifen weist - in Übereinstimmung mit dem Oslo-II-Abkommen -  sechs Farben auf: die der „Zone A" mit Städten wie Bethlehem, Ramallah, Nablus als Zentren, wo die palästinensísche Autonomiebehörde die Verwaltungshoheit und die Polizeigewalt hat, die der „Zone B", in der die Palästinenser ihre Verwaltungsangelegenheiten unter militärischer Besatzung regeln dürfen - die „Autonomie über die Müllabfuhr" - , die „Zone C", wo das blanke Besatzungsregime herrscht und wo die Siedler sich ausbreiten, die Stadt Hebron, das Sondergebiet Ost-Jerusalem mit eiinem Status wie „Zone C" und die militärischen Sperrgebiete an den Grenzen zu Jordanien und Ägypten.

Die Spuren der Belagerung von Jericho und Ramallah auf dem Höhepunkt der Al-Aqsa-Initfada sind an den Kontrollpunkten (Checkpoints) zur „Zone A" noch sichtbar. Aber die Belagerung ist aufgehoben und die israelischen Panzer stehen in der zweiten Linie. Noch liegen auf den halb mannshohen Betonklötzen dunkelgrüne Plaste-Sandsäcke - mit der Öffnung für das Gewehr des Scharfschützen.
Auf Ramallahs Straßen drängen sich trotz Regens Autos und Menschen. Hin und wieder sieht man einen jungen Mann mit Krücken. Uns fällt auf, dass das Palästinensertuch häufiger als früher zu sehen ist. An den Häuserwänden vor allem der Hauptstraßen verwitterte und neue Plakate mit den Bildern der Märtyrer (das sind im heutigen Sprachgebrauch der Araber nur die in der Intifada Getöteten, nicht alle Verfolgten und Gefolterten) und Angaben über ihr Leben und Sterben. Dazu die Losungen, mit schwarzer oder roter Farbe an jede freie Stelle einer Wand gesprayt, mal sorgfältig in der schönen arabischen Schrift, die wie ein Ornament aussieht, mal in Eile hingeworfen: Aufschreie gegen das Unrecht, Anklagen gegen die Mörder der Kinder und Jugendlichen, der Männer und Frauen, und natürlich auch Drohungen und Versprechungen, sich gegen das Unrecht zur Wehr zu setzen.

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Jamila und Omar

Abends sind wir zu Gast bei Omar und Jamila. Omar ist Arzt in einer Klinik. Jamila arbeitet im Sakakini-Kulturzentrum. Der Sohn geht schon zur Schule, die Tochter ist jetzt vier und ein halbes Jahr alt. (Ihr Gesicht wird mit Anjas Fotoausstellung "Das vergessene Volk" bekannt.)
Unvermeidlich kommen wir auf den schrecklichsten Tag im Leben der Familie zu sprechen - den Tag, als israelische Hubschrauber über Ramallah kreisten und die Polizeistation beschossen. Omar und Jamila hatten über Nacht einer Familie aus dem besonders bedrohten Stadtgebiet Asyl geboten. Der Säugling verweigerte die Nahrungsaufnahme, weil die Eltern sein Fläschchen vergessen hatten. Was blieb den Vätern übrig, als ins Auto zu steigen und die Flasche zu holen. Omar lacht, als er von der Fahrt durch die verdunkelte Stadt erzählt, und wir trauen ihm zu, dass er auch während der Fahrt mit seinem Freund gewitzelt und gelacht hat. Er selbst fuhr das Auto, sein Freund musste den Himmel beobachten und lauschen. Wenn sich ein Hubschrauber näherte, hielten sie an, wenn er sich entfernte, fuhren sie mit ausgeschalteten Scheinwerfern weiter. Und beim Fahren wie beim Warten war das Krachen der einschlagenden Raketen zu hören. Über die Gefühle der wartenden Frauen schweigt sich Jamila aus.
Omar spottet liebevoll über die alltägliche Angst seiner Frau besonders in der Zeit der Belagerung, wenn er sich auf den Weg zur Klinik in der „Zone C", nahe einer jüdischen Siedlung begibt. Ein Weg, der in „friedlichen" Zeiten der Besatzung drei Kilometer lang war und jetzt 20 Kilometer Autofahrt erfordert. Ein Weg, der durch die Straßen führt, in denen sich mindestens zweimal in der Woche die Palästinenser vor und nach ihren Demonstrationen versammeln - und die „Überraschungen" der israelischen Soldaten für die Demonstranten können auch die Menschen auf ihrem Weg zur Arbeit treffen.
Während wir beim Tee sitzen, hören wir aus dem Kinderzimmer Laute, wie sie ein Junge beim Kriegspielen von sich gibt. Die Eltern klagen, dass ihr Sohn und seine Freunde kein anderes Spiel mehr kennen. Sie vermuten, dass die Kinder so die Erlebnisse während der Bombardierung und Belagerung verarbeiten. Auch jetzt noch können beide Kinder nur einschlafen, wenn jemand von den Eltern im Zimmer ist. Häufig wachen sie des Nachts auf und kommen ins Bett der Eltern. Das kleine Mädchen wollte sich nach der Bombennacht tagelang nicht von der Mutter trennen. Vom Bruder erfährt es Dinge, die es nicht versteht und die es ängstigen. Der Bruder hört in der Schule von den älteren Mitschülern Berichte über Vorkommnisse, die seine Träume in Angst und Schrecken enden lassen.
Wir fürchten, dass auch Jamila, die freundliche und heitere junge Frau und Mutter, von furchtbaren Träumen geplagt wird. Im Kulturzentrum wird eine Ausstellung über Hundert von den inzwischen fast vierhundert Märtyrern der Al-Aqsa-Intifada vorbereitet. Das meist kurze Leben und der Tod der Opfer israelischer Gewalt soll dokumentiert werden - mit Fotos, biografischen Angaben, Objekten der Erinnerung, Aussagen über ihre Hoffnungen und Träume. Man mag sich gar nicht vorstellen, was die Recherchen für Jamila bedeuten: die Gespräche mit den Müttern, Vätern, Geschwistern, Freundinnen und Freunden, die Auswahl und der Umgang mit den Objekten, die Auswahl der Bilder, zu denen oft auch die letzten Aufnahmen der manchmal schrecklich zugerichteten Leichname gehören.

[vgl. auch „Do you know what your kids do at this moment?"]
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Zweiter Tag

Ramallah, Sonntag, 21.01.2001

Bei der deutschen Wirtschaftsvertretung

Der Sonntag ist in Ramallah ein normaler Werktag - der arbeitsfreie Tag der Muslime ist der Freitag.

Wir haben ein Gespräch mit dem Geschäftsführer der Vertretung der Industrie und des Handels der BRD (des DIHT und der AHK) in Palästina, Herrn Abdelhadi Abusharekh. Als Palästinenser unterliegt er hinsichtlich Bewegungsfreiheit und Diskriminierungen den gleichen Beschränkungen durch die Besatzungsmacht wie seine Landsleute. Als wir das Gespräch auf mögliche Wirtschaftsbeziehungen zwischen Sachsen-Anhalt und Palästina bringen - nach Aufhebung des Wirtschaftsboykotts durch Israel und vor allem nach Erringen der Souveränität der Palästinenser - entwirft er ein überaus optimistisches Bild für eine mögliche Zusammenarbeit in Wissenschaft, Technik und Wirtschaft.

Ahmed

Wir führen ein langes Gespräch mit Ahmed, einem arabischen Bürger Israels. Er studiert an einer israelischen Universität. Gegenwärtig engagiert er sich im Wahlkampf. Er und seine Freunde setzen sich für die Wiederwahl E. Baraks ein. Bei aller Kritik an seiner Palästinapolitik meinen sie, im Vergleich zu Sharon biete Barak eine Perspektive. Dabei haben die Studenten erst unlängst erlebt, wie der Kandidat der Arbeiterpartei mit Kritikern umgeht.
Barak kam auf den Campus, um mit den Studenten zu diskutieren. Die arabischen Studenten wollten vor dem Hörsaal, in dem die Diskussion stattfand, mit Plakaten und Sprechchören ihre Forderungen artikulieren. Aber bevor der Ministerpräsident erschien, wurde die Gruppe von Polizisten in Zivil eingekesselt - da half auch die Freiheit des Campus nicht - und Barak gelangte über einen Hintereingang in den Hörsaal. - Ahmed meint, an den israelischen Universitäten würden 95 Prozent der Studenten und des Lehrkörpers Sharon unterstützen. Ob das stimmt, wissen wir nicht. Aber es lässt doch darauf schließen, dass die arabischen Studenten bisher keine Solidarität ihrer jüdischen Kommilitonen erfuhren.

Im Internetcafé: Mona

Dass man im Internet Freunde finden kann ist bekannt. Wir gewinnen eine neue Freundin im Internet-Café in Ramallah. Die Anordnung der Plätze lädt dazu ein, den Surfern über die Schulter zu schauen, und wenn man sieht, dass eine deutschsprachige Seite aufgerufen wurde, zögert man nicht lange und spricht die Surferin an.
Mona studiert an der Bir-Zeit-Universität bei Ramallah unter anderem Journalistik. Nach den beiden Semestern in Palästina wird sie an eine deutsche Universität zurückkehren. Ein Dauervisum für die Zeit des Studiums wird ihr von den israelischen Behörden versagt. So fährt sie aller drei Monate außer Landes, um bei der Einreise über Amman ein neues Visum für drei Monate zu erhalten.

Wir hoffen, dass sie künftig (vielleicht unter ihrem richtigen Namen), als unsere Nahostkorrespondentin für unsere Mailing-List berichten wird.

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Zu Gast in Jerusalem

zur Karte Jerusalems

Am Abend sind wir zu Gast in Jerusalem. Auf dem Weg von Ramallah dorthin müssen wir zum ersten Mal die Checkpoints umgehen und fahren auf Straßen, die eigentlich Traktoren oder Panzern vorbehalten sein sollten. Unser Gastgeber erzählt während der Fahrt im Sammeltaxi von den Schikanen, denen er auf dem Weg von seiner Wohnung in Ost-Jerusalem zu seinem Büro in Ramallah nahezu an jedem Tag mit unterschiedlicher Intensität ausgesetzt ist. Er zeichnet ein Bild der Willkür bei den Kontrollen und den Verboten, die Checkpoints zu passieren, das sich in keiner Weise mit irgendwelchen Sicherheitsbedürfnissen des israelischen Staates erklären lässt.
Er erzählt auch, wie er mit seinem Sohn - den er jeden Tag in Ramallah zur Schule brachte - zwischen die Kugeln der israelischen Soldaten und die Steine der Intifada-Kämpfer geriet. Sein Sohn hatte nur einen Wunsch: „Papa, ich will nicht sterben." Unserem Freund ist es jetzt gelungen, sein 7-jähriges Kind in einer Jerusalemer Schule unterzubringen.
Seine Tochter berichtet über den Versuch ihrer Jerusalemer Schule, während der Zeit der Belagerung die Vertretung der Bundesrepublik um Hilfe zu bewegen. Die Antwort (in Kurzfassung): „Erst müsst Ihr aufhören Steine zu werfen." (Leider ist die Schulleiterin nicht bereit, uns eine Kopie des Schriftwechsels zu überlassen).
Die „Anekdoten" über die Erlebnisse während der Belagerungszeit sind ohne Zahl. In einem längeren Gespräch beschreibt unser Gastgeber - ein erfolgreicher, gebildeter, weitgereister Geschäftsmann - welch kleinlichen Kontrollen und Verhören durch die israelischen Beamten er bei seinen Aus- und Einreisen ausgesetzt ist. Er meint, dass diese ständige Diskriminierung der Palästinenser unerträglich geworden sei.
Als Nachtisch gibt er uns eine Nuss zu knacken: Wie lange kann eine Regierung mit einer anderen Regierung verhandeln, wenn diese weder das Völkerrecht noch die zweiseitig abgeschlossenen Verträge respektiert, und, während sie verhandelt, das Land für Siedlungen und Straßen, das Wasser für die Begrünung der Siedlungen, die Bodenschätze für eigene Bereicherung raubt? Kann man auf Dauer der Gewalt allein durch Verhandlungen begegnen? Hat der Philosoph vom Rhein vielleicht immer noch Recht mit seiner These aus dem Jahre 1844: „Die Waffe der Kritik kann allerdings die Kritik der Waffen nicht ersetzen, die materielle Gewalt muß gestürzt werden durch materielle Gewalt ..."?

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Dritter Tag

Ramallah, Montag, 22.01.2001

Wir besuchen Bethlehem, Beit Jala (Dschala).und El-Khader (El Chader).

hem: Jirius Frej und Mitri Raheb

Der Deputy Gouverneur der „Zone A" Bethlehem, Jiries Freij, Sohn des bekannten langjährigen Bürgermeisters Elias Frej - nimmt sich die Zeit, uns eine Analyse der politischen Situation des Landes und Bethlehems zu geben und uns nach Beit Jala zu begleiten.

Er meint, dass nach zehn Jahren Verhandlungen ohne greifbares Ergebnis für die Palästinenser in den palästinensischen Gebieten und in den Flüchtlingslagern außerhalb Palästinas die Möglichkeiten erschöpft sind, auf dem Verhandlungswege etwas zu erreichen. Er fürchtet, die Wahl Sharons könne den Ausbruch eines Krieges bedeuten und zweifelt nmicht daran, dass Sharon die Wahl gewinnen wird... - Als Funktionär der Autonomiebehörde begibt sich der Stellvertretende Gouverneur in Gefahr, wenn er die Grenze der „Zone A" überschreitet. So begleitet er uns auch nur bis Beit Jala, nicht mehr nach El-Khader.
In Bethlehem können wir auch Dr. Mitri Raheb sprechen. Er leitet das Internationale Begegnungszentrums in Bethlehem und ist Pfarrer der evagelisch-lutherischen Kirche. Jiries Frefj, selbst Christ, hatte die Zusammenarbeit seiner Behörde mit Mitri Raheb in warmen Worten gewürdigt. Mit Fred Strickert schrieb Raheb den Text zum Bildband „Bethlehem 2000. Eine Stadt zwischen den Zeiten". Obwohl wir unangemeldet bei ihm erscheinen, findet er Zeit für ein kurzes Gespräch und zeigt uns das im Bau befindliche Zentrum neben der evangelisch-lutherischen Kirche.

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Beit Jala: Bei Terroropfern
(zur Karte)
In zwei Wohnungen älterer Palästinenser am Rande von Beit Jala - einer kleinen Stadt etwa zwei Kilometer westlich Bethlehems gelegen - können wir die Spuren des Beschusses und der Bom-bardierung durch jüdische Siedler und israelische Armee sehen. Der Anlass war ein Beschuss der großen jüdischen Siedlung Har Gilo, nördlich Beit Jalas und jenseits eines von einer Siedlerstra-ße durchzogenen Tales festungsgleich auf dem Berg Ras Jala gelegen. Vom Standrand Beit Jalas bis zum Rand der Siedlung dürften es etwa zwei Kilometer sein - wir fragen uns, ob die Ka-laschnikows der palästinensischen Polizisten so weit tragen. (Die Palästinenser haben bekannt-lich keine Armee und keine schweren Waffen.)
Dutzende von Einschlägen durchlöchern die Wände der Zimmer. Eine 72-jährige Frau, Mitglied der evangelisch-lutherischen Gemeinde in, führt uns erregt durch ihre Wohnung. Sie habe in ihrem ganzen Leben, in dem es viele Kriege und kriegerische Konflikte gab, noch nie soviel Angst ausgestanden wie an den Tagen des Beschusses aus Gilo, sagt sie. Sie zeigt uns eine Blechbüchse randvoll mit Projektilen unterschiedlichen Kalibers und eine andere Büchse, überquellend von Granatsplittern, die sie in ihrem Haus gesammelt hat. Ihr Nachbar holt aus einem Blecheimer sein „Weihnachtsgeschenk" aus Israel: die Reste einer Granate (oder Rakete?), die seine Betontreppe durchschlagen, Risse in seinem Haus hinterlassen und alles Glas in der Wohnung zerstört hat. Man habe das Bild seiner Treppe in Deutschland gezeigt, behauptet er, allerdings mit dem Hinweis, dass es einem jüdischen Siedler in Gilo gehöre.
[vgl. auch „A rather unusual Xmas present"]
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El-Khader: Hoffnungsblumenschule

In der „Hoffnungsblumenschule" von El-Khader werden wir von der Schulleiterin und von der Tochter des verstorbenen Gründers begrüßt. Ellen Rohlfs hatte uns gebeten, eine Spende zu ü-berbringen, weil ein Scheck offensichtlich nicht in El-Khader angekommen war. Ellen Rohlfs und Muna Muhaisen haben über die Schule berichtet.
 
Ellen Rohlfs, Muna Muhaisen: Die Kinder von Bethlehem. 'Wir wollen Frieden, Frieden.Vorwort von M. Raheb. Idstein 2000. 29,80 DM

Der Gründer der privaten muslimischen Schule wollte mit dem Namen seine Hoffnung auf Frieden und das Zusammenleben mit den jüdischen Nachbarn zum Ausdruck bringen. Er sprach persönlich in der benachbarten jüdischen Siedlung vor, um die Siedler davon zu überzeugen, dass von der Mädchenschule und ihren Grundschülerinnen keine Bedrohung für sie ausginge. Vergeblich...

Die Frauen zeigen uns Dutzende von Einschüssen in Wänden und Fenstern. Wie durch ein Wunder wurden bis jetzt weder Kinder noch Lehrer/innen verletzt. An der Schule wurde ununterbrochen unterrrichtet, auch wenn einige Kinder in den kritischsten Tagen zu Hause bleiben mussten. Übrigens: das jüngste Loch in einer der Fensterscheiben ist erst zwei Tage alt.

Der Rückweg wird höchst abenteuerlich, weil heute der Zugang nach Jerusalem auf der Hauptstraße für die Palästinenser gesperrt ist.

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Vierter Tag

Ramallah, Dienstag, 23.01.2001

Nablus und Askar: Al-Lod

Wir fahren auf der Hauptstraße von Ramallah nach Nablus. Diese gut ausgebaute kurze Verbindungsstraße zwischen den Städten darf von Besitzern palästinensischer Autos (weißes Schild mit grüner Nummer) gar nicht benutzt werden. Besitzer von Autos mit gelbem Schild und schwarzer Nummer und einem palästinensischen Personalausweis können auch Gründe haben, die guten Straßen zu meiden: Sie riskieren nämlich, bei Kontrollen lange aufgehalten und zurückgewiesen zu werden.

Vor Nablus müssen wir auf eine Bypass-Straße ausweichen - manchmal notdürftig hergerichtete Umgehungsstraßen in "Zone C", die durch die von Palästinensern bewohnten Orte führen. Unsere Gesrpächspartner korrigieren uns: „Wir sagen nicht Bypass-Wege, sondern Straßen der Vereinigung."  (Es gibt dann noch die vorzüglichen Straßen zu den Siedlungen, die für die Palästinenser grundsätzlich verboten sind.)

[vgl. auch „The Wild Wild West"]
Wir sprechen in Nablus mit einem Geschäftsmann, der einen Textilhandel betreibt und einen Teil seines Angebots in eigenen Werkstätten fertigen lässt. Seit dem Ausbruch der Al-Aqsa-Intifada und infolge der israelischen Blockade- und Boykottpolitik im Außenhandel und infolge der Einkommensverluste der Palästinenser ist sein Umsatz auf etwa 10 Prozent geschrumpft. Er muss nun selbst Entlassungen vornehmen.

Unser guter Bekannter und Freund Walid Al-Salhi  und seine Mitstreiterinnen in der Al-Lod Charitable Society erzählen von den Tagen der Belagerung und den gegenwärtigen Problemen. Die Berichte gleichen jenen in Bethlehem aufs Haar.

Die Krise hat die Arbeit für die Wohlfahrtsorganisation verdoppelt. Besonders viele psychische und wirtschaftliche Probleme entstehen durch die Arbeitslosigkeit.

Wir besuchen einen Kindergarten beim Flüchtlingslager Askar. Die Kinder sind beim Zeichnen. Ihre Motive sind meist mit dem Aufstand (Intifada) verbunden. In dieser kleinen Einrichtung (30-40 Kinder) haben nach Aussage einer Erzieherin fünf Kinder einen Bruder und ein Kind seinen Vater in der neuen Intifada verloren. Die Zahl der verwundeten Familienmitglieder ist nicht bekannt.

Unsere Mission in Nablus ist die Verteilung der im Ramadan von unserer Vereinigung gesammelten Spenden (Zakat). Al-Lod hilft uns, sechs Familien zu finden, die besonders bedürftig sind.

Da ist eine Frau mit neun Kindern. Ihr Mann ist gestorben. Die „Wohnung" im Lager befindet sich in einem entsetzlichen Zustand. Dann ist da eine Frau mit fünf Kindern. Auch ihr Mann gestorben. Eines der Kinder ist krank und braucht täglich seine Insulinspritze. Eine Spende geht an einen jungen Mann im Lager. Sein Haus wurde kurz vor der Heirat durch eine Panzergranate zerstört. Das Schlafzimmer verbrannte vollständig - es ist noch nicht einmal bezahlt. Auch das Haus seines Nachbarn zeigt die Spuren des Beschusses. Dann Geld für eine Frau, deren Mann an Krebs gestorben ist und die mit ihren vier Kindern von der Sozialhilfe und Spenden leben muss. Weitere Spenden erhalten eine kinderreiche Familie, deren Vater an Schizophrenie leidet, und schließlich eine Frau mit fünf Kindern, darunter einem Säugling. Ihr Mann arbeitete in Israel. Er ist seit vier Monaten arbeitslos und hatte dazu noch einen Autounfall.
Der Besuch im Flüchtlingslager ist außerordentlich bedrückend. Welche Perspektive haben die vielen Kinder, von denen einige uns freundlich lachend begleiten? Sollen auch sie ihr Leben im Lager verbringen, wie ihre Groß- und Urgroßeltern, die seit der Flucht aus Israel 1948 hier hausen?

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Josephs Grab

Vor Antritt der Rückfahrt besuchen wir Josephs Grab. Es ist Joseph der Träumedeuter aus dem Alten Testament, der ein Spitzenpolitiker des Pharao wurde, die Grundideen der europäischen Agrarpolitik entwickelte (in den guten Jahren für die schlechten Zeiten sparen) und - im Unterschied zur EG - erfolgreich anwendete.

Die Überreste seines Grabes - zwei Säulen und eine Art Sarkophag - wurden aus Ägypten nach Nablus gebracht und sind Muslimen wie Juden heilig.
Im Pace Tour Guide von Adel Yahya „West Bank & Gaza Strip "Palestine" (Ramallah / Gaza 1999) finden wir (S. 167):
... The place was occupied by Israeli settlers who started a religious school in it at beginning of the 1980s. Although Nablus was transferred to the Palestinian Authority late in 1995, the site remained in the hands of the settlers. It is heavily guarded by the Israeli army and closed to visitors.

Nach der Demolierung durch aufgebrachte Palästinenser und seiner Restauration werden der Platz, das restaurierte Gebäude und Besucher wie wir von palästinensischen Polizisten bewacht, immer im Fadenkreuz der israelischen Soldaten auf dem Berg gegenüber.

Ausnahmsweise war die Rückfahrt fast umweglos.

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Fünfter Tag

Ramallah, Mittwoch, 24.01.01

Jerusalem: Al-Haram al-Sharif

zur Karte Jerusalems
Als wir die Heiligen Stätten der Muslime in Jerusalem - den Al-Haram al-Sharif - besuchen scheint die Sonne. Für die Fahrt nach Jerusalem nehmen wir einen Kleinbus mit israelischem Nummernschild und palästinensischem Fahrer, zum ersten Mal fahren wir geradewegs in die Heilige Stadt, sogar ohne kontrolliert zu werden. (Um so abenteuerlichere Wege lernen wir auf der Rückfahrt kennen.)

In Jerusalem begrüßt uns Zein Al-Abedin, ein Kadi (Richter) am Obersten Gericht der Muslime. Er ermöglicht uns den Zugang zu dem zur Zeit durch die Israelis für Ausländer gesperrten Al-Haram al-Sharif (für Israel und seine Freunde der „Tempelberg") Es bedarf dann noch des persönlichen Erscheinens des muslimischen Sicherheits-Chefs für den Haram und telefonischer Rückfragen der israelischen Torwächter sowie der Eintragung unserer Daten aus dem Pass in eine Besucherliste, bis die mit MP bewaffneten Wächter wohl meinen, dass wir kein Sicherheitsrisiko für die Muslime und die Moscheen darstellen und uns durchs Tor passieren lassen.

Wir folgen dem Weg, den Sharon am 28. September 2000 ging und der in die Al-Aqsa-Intifada führte.

Sheikh Abed-Al Asiem Salhab - der Alawkaf Al-Haram al-Sharif (Verwaltungschef des Al-Haram) - findet kurz vor dem Gebet in der Moschee noch Zeit für ein Gespräch mit uns. Er hoffe, dass wir dazu beitragen können, die Informationen der Medien zu ergänzen und zu korrigieren. So gehört zu den weithin verschwiegenen Tatsachen, dass infolge der Absperrung des Al-Haram seit fünf Monaten keine Instandhaltungsarbeiten an den teilweise bis zu 1400 Jahre alten Gebäuden vorgenommen werden können. Empört ist er über eine Meldung, die durch die Medien der Welt ging: Die Muslime hätten mit Grabungen auf Al-Haram begonnen. (Die Grabungen der Israelis haben immer wieder zu Spannungen geführt.) In der Tat ist auf Al-Haram gegraben worden: eine 30 Jahre alte Wasserleitung war leck geworden.

Beim anschließenden Bummel durch das arabische Viertel der Altstadt sehen wir viele untätige Händler und wenig Leute in den Gassen - weder Pilger noch Touristen, die früher die Stadt übervölkerten. Beim Kaffeetrinken in einem Dachgarten mit phantastischem Blich über die Dächer Jerusalems auf Moscheen und Kirchen und auf den Ölberg sind wir die einzigen Gäste.

Maher als Sicherheitsrisiko für Israel

Als Maher am späten Nachmittag allein noch einmal aus Ramallah nach Jerusalem fahren will, um einem Freund ein dringend benötigtes Medikament ausDeutschland zu überbringen, werden er und ein Palästinenser am Checkpoint aus dem Kleinbus geholt. Die Pässe werden ihnen abgenommen.

Maher muss eine halbe Stunde im Regen warten, dann gibt es eine Diskussion, in der Maher auf seinen deutschen Pass verweist. Es wird ihm bedeutet, er solle zurück nach Deutschland fahren. Ein Taxi bringt ihn zurück in unser Hotel „Merry Land". Die Palästinenser, die schon auf die Rückgabe ihrer Identitätskarten warteten, als er angehalten wurde, stehen immer noch im Regen.

Man muss kein Palästinenser sein, man muss nur so aussehen und sprechen, wie sich die Grenzer Aussehen und Sprache eines Palästinensers vorstellen, um den gewöhnlichen Schikanen ausgesetzt zu sein. Von der Staatsmacht nicht nach seinem bürgerlichen Status gehandelt zu werden, sondern nach Aussehen und Sprache - wie nennt man das doch gleich?

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Morgen fahren wir nach Hebron," informieren wir Omar, als wir beim Abendessen sitzen.
„Hebron? That is the Hell!" sagt er.

Sechster Tag

Ramallah, Donnerstag, 25. Januar

Hebron: In der Hölle
Viva Guide „Israel" (München / Stuttgart 1996) von Andrew Sanger warnt (S. 215): 
"Dieser Unruheherd ist m mit Vorsicht zu genießen: eine Stadt mit 70.000 Einwohnern und ein Zentrum islamischen Glaubens, in dem Gealt schon Tradition geworden ist." 
Er gibt 5.000 jüdische Siedler als Einwohner des jüdischen Bezirks Kiryat Arba an. 
Nach Angaben des Pace Tour Guide "Palestine" hat die Stadt Hebron 120 000 Einwohner. 
Die Palästinenser, mit denen wir sprachen, nennen für die Siedler die Zahl 400. Das sind die Siedler, die in der Stadt wohnen.
(Informationen über Hebron bei: TIPH: Temporary International Presence in Hebron)
Die Fahrt nach Hebron und zurück verläuft wider Erwarten problemlos. Was sich noch vor wenigen Tagen unter den Bedingungen der Belagerung auf den Straßen abgespielt hat, erfahren wir nur aus den Berichten unserer Gastgeber.

Hebron und seine palästinensischen Bewohner bieten einen trostlosen Anblick, die israelischen Besatzersoldaten erscheinen furchterregend. (SiedlerInnen sehen wir nur aus der Ferne.) Und das, obwohl die Geschäfte wieder geöffnet sind, vor dem Laden eines Fleischers sogar ein geschlachtetes Kamel hängt, die Straßenhändler an ihren Ständen stehen und auf Kunden warten (die nicht erscheinen), die Autos sich drängen und die Kinder in Scharen aus der Schule kommen.

Die Moschee über der HöhleMachpela  mit den Gräbern Abrahams und Sarahs, Isaaks und Rebeccas, Jakobs und Leas ist jetzt für Muslime und Gäste geschlossen und wird von israelischen Soldatinnen und Soldaten bewacht (vor Anschlägen der Muslime?) - die nach 1967 errichtete Synagoge ist für Israelis und ihre Freunde und Gäste aus aller Welt geöffnet.

Viva Guide „Israel" ( 215):
Im Februar 1994 betrat der jüdische Arzt Baruch Goldstein - bis dato unbescholtener Diener beider Gemeinden - den Isaak-Saal der Höhle Machpela und schoss auf betende Araber. Er tötete 29 Menschen.

Wir waren bei früheren Reisen in der Moschee gewesen, und wir hatten auch wenig Neigung, uns erneut den Verhören durch die Wächterinnen und Wächter auszusetzen - beispielsweise nach dem religiösen Bekenntnis (um das Betreten der Moschee durch Juden zu verhindern?).
Viva Guide „Israel" ( 215):
Diese heilige Stätte war Synagoge, Moschee und Kirche, bevor sie wieder in die Hände der Moslems fiel, die den Juden von 1265 bis 1967 den Zutritt verweigerten.Der Yitzak- (oder Isaak-)Saal ist immer noch nur für Moslems zugänglich, eine Synagoge wurde aber zwischen den Kenotaphen von Abraham und Sara errichtet.
zur Karte von Hebron
Die Siedler wohnen nicht nur in Kiryat Arba, sie haben auch Wohnungen in den oberen Geschossen palästinensischer Häuser in der Altstadt. Von dort aus bewerfen sie Händler, Kunden und Touristen mit Unrat. Die Palästinenser schützen sich dagegen mit Netzen und Planen, die die Gassen und Plätze überdecken. Ein gespenstisches Bild.
Wir sehen die Stellungen der israelischen Armee auf den Dächern von Wohnhäusern und von öffentlichen Gebäuden - Unterstände aus Beton oder Stahl, Stapel von Sandsäcken mit den Öffnungen für die Läufe der Maschinenpistolen. Wir sehen auch die Stellungen an Straßenmündungen - Betonklötze, gekrönt von Sandsäcken.
Von den Posten sind während der mehr als 100 Tage dauernden Ausgangssperre die Schüsse auf Palästinenser abgegeben worden, die versuchten, einen Einkauf zu tätigen oder mit ihrem kranken Kind zum Arzt zu gehen. Die Schulkinder mussten zu Hause bleiben.

Wir wussten das aus Berichten (allerdings kaum aus den Medien in der BRD). Aber der Anblick macht das Grauen ganz anders sichtbar.

Am Vormittag sind die Stellungen auf den Dächern geräumt. Die Straßensperren sind besetzt von schwer bewaffneten Soldaten, die aufmerksam beobachten, was sich auf der palästinensischen Seite tut.

Wir sehen eine Patrouille israelischer Soldaten auf ihrem Kontrollgang durch die Straßen der Altstadt und über den Platz, auf dem wir stehen. Vier Soldaten mit schussbereiten Maschinenpistolen in den Händen, natürlich unter einem Stahlhelm, als Eckpunkte eines sich durch die Menschen bewegenden Karrees, finster (oder ängstlich?) die Menschen und Häuser musternd - eben Soldaten in Feindesland. Ihre Funktion wird in Hebron ganz offensichtlich - sie schützen die Siedler, und wenn die Regierung Israels das mit Staatssicherheitsinteressen begründet, dann geht sie offensichtlich davon aus, dass die - völkerrechtswidrigen - Siedlungen im sogenannten palästinensischen Autonomiegebiet Teil des Staates Israel sind.
Die Gesichter der Palästinenser verraten nichts von ihren Gefühlen beim Anblick der Besatzer. Die kann man nur erahnen, wenn man mit ihnen ins Gespräch kommt, und das Gespräch führt unweigerlich und sofort auf den jüngsten und wohl abscheulichsten Fall einer der vielen Tötungen in den vergangenen Monaten.
Man führt uns zu einem der kleinen Plätze, umschlossen von den Mauern uralter Gebäude. Dort  ist ein Palästinenser von einer israelischen Patrouille tödlich verwundet worden. Die Soldaten haben den Körper durch die Gassen Hebrons in die jüdische Siedlung geschleift - die Augenzeugen erinnern sich besonders daran, wie sein Kopf auf die Steine aufschlug. Die Leiche soll dann noch Stunden lang auf der Straße in der Siedlung gelegen haben, beschimpft, bespuckt und getreten von den Siedlern, die ein Straßenfest veranstalteten und Bonbons an die Kinder verteilten.
Unwillkürlich erinnern uns die Berichte, die wir über diesen Vorfall erhalten, und die Zeichen an den Wänden, die den Leidensweg oder den Weg der Leichenschändung markieren, an die biblischen Berichte über den Gang zur Kreuzigung. Wir können nicht garantieren, dass wir richtig unterrichtet wurden. Wir können nur versichern, dass wir berichten, was uns gesagt wurde.
Aus einem Bericht in der israelischen Zeitung Ha’aretz vom 15.01.01:
...konnten scharfsichtige Leser ein winziges Foto in schwarzweiß ausmachen, das ein schreckliches Schauspiel zeigte: Israelische Soldaten schleifen den Körper eines Palästinensers, den sie Sekunden zuvor erschossen haben, als ob es ein Sack Kartoffeln wäre. Auf einigen der Fotos, die gestern veröffentlicht wurden, kann man einige Soldaten sehen, die lachen und offensichtlich befriedigt sind. Einem Bericht in Ha'aretz (hebräische Ausgabe) zufolge wurde der Leichnam des Palästinensers von Siedlern aus Beit Hadassah in Hebron bespuckt und getreten, sie sagten, dass sie über seinen Tod froh seien und sie brachten dann den Soldaten Erfrischungen.
(Zitiert nach: Palästina Nachrichten - Mitteilungen der Vereinigung der Freunde Palästinas in Berlin-Brandenburg e.V. - Nr. 28 / 22. Januar 2001).

In Hebron findet Besatzung in ihrer brutalsten Form statt, und deutlicher vielleicht als anderswo ist offensichtlich: die Besatzung hat den Zweck, die Siedler und ihre Siedlungen, nicht die Bürger Israels und ihren Staat zu schützen.
Jede Kommission fände an einem Vormittag so viele Fälle von Verletzungen der Menschenrechte, dass deren Aufarbeitung ein ganzes Jahr erforderte.
AFP meldet:
Israel verweigert Zusammenarbeit mit UN-Menschenrechtskommission
Jerusalem, 10. Februar (AFP) - Israel will die Zusammenarbeit mit der Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen verweigern. Das Land werde nicht mit den UN-Experten kooperieren, die am Samstag mit der Überprüfung von Berichten über Menschenrechtsverletzungen in den palästinensischen Autonomiegebieten beginnen sollten, berichtete das israelische Militärradio am Samstag. Israel habe seine Position gegenüber der Kommission erklärt, die behauptet habe, Israel habe im Westjordanland und im Gazastreifen "Kriegsverbrechen" begangen, hieß es im Rundfunk weiter. Während ihrer achttägigen Mission wollen die drei Fachleute untersuchen, ob die israelische Armee bei ihrem Vorgehen gegen die Palästinenser gegen Menschenrechte verstieß. Die Mission war bei einer Sondersitzung der UN-Menschenrechtskommission im Oktober gegen den Willen der israelischen Regierung beschlossen worden. Bei den Experten handelt es sich um den südafrikanischen Rechtsexperten John Dugard, den US-Juristen Richard Falk und den ehemaligen Außenminister von Bangladesch, Kamal Hossein. Sie wollten Gaza, Jerusalem, Ramallah, Hebron, Bethlehem und Beit Jala besuchen. Seit Beginn der Unruhen Ende September wurden fast 400 Menschen getötet, fast alle von ihnen Palästinenser.

[vgl. auch „Where hell becomes part of the daily life"]
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"Zone C": Abdullah

Nach dem Besuch der Stadt Hebron sind wir nachmittags zu Gast bei unserem alten Freund Abdullah in einer Stadt bei Hebron („Zone C"). Abdullah ist ein junger Mann, der in Deutschlands Osten studiert hat und als „Jungunternehmer" einen Betrieb mit 27 Beschäftigten leitet. Zur Zeit der Belagerung saß er vor dem Fernseher oder spielte Karten: die Materialzufuhr war total abgeschnitten. Jetzt arbeitet er „24 Stunden am Tag", um Materialvorräte für die Zeit der nächsten Krise zu schaffen. Sein Büro in Bethlehem konnte er in den letzten Monaten kaum noch aufsuchen. Die Reise ist umständlich - über den „Bypass", durchs Feuertal - oder gefährlich.
Pace Tour Guide „West Bank & Gaza Strip "Palestine" (S.65):
Bethlehem and Hebron are conneced with Jerusalem by a main road which continues to Beersheva in the Negev. ... Local Palestinians are not permitted to use the usual road to Bethlehem unless they possess a valid permit by the Israeli military authorities. They may, however, travel to Bethlehem on the difficult Wadi al-Nar or the "Valley of Fire". This is one of the by-pass roads around Jerusalem and the other Palestinian cities, constructed by Israel in the late 1980s and especially after the signing of the Oslo accords in 1993. 

Er ist auf einer Fahrt Siedlern begegnet, die aus dem Autofenster mit Maschinenpistolen drohten. Er ist mit dem Sammeltaxi gefahren und hat erlebt, wie ein Siedler mit einem Steinwurf die Frontscheibe zerstörte - und Fahrer wie Insassen suchten lieber das Weite als die Auseinandersetzung, obwohl der Fahrer einige Monate arbeiten muss, um die Reparatur zu bezahlen.
Der Reiseführer „Israel" ( S. 209) empfiehlt bei Reisen durch Judäa und Samaria (Westjordanland):
Da Hamas und Islamischer Dschihad in vielen Teilen des Westjordanlandes präsent sind, ist Reisen innerhalb der Region gefährlich. Steinewerfen auf Autos mit israelischem Nummernschild (einschließlich Mietwagen) ist üblich, auch fielen schon Schüsse... Arabische Busse werden nicht angegriffen... Organisierte Rundfahrten ... sind doch die sicherste Art...; solche Touren werden normalerweise von arabischen Veranstaltern mit arabischen Reiseleitern in arabischen Bussen durchgeführt. Frauen sollten nie (!) alleine reisen.
Abdullah erzählt vom Schicksal eines Baggerführers aus seinem Unternehmen. Der Mann war mit zwei Begleitern in seinem Wagen unterwegs und wurde von einer Militärkontrolle aufgehalten. Anhalten, Schlüssel abziehen, sich ausweisen - das tat er ohne Widerspruch. Als er sich weigerte, seine Autoschlüssel herauszugeben, erhielt er eine Kugel zwischen die Augen.

Abdullahs Schwager - er begleitete uns in Hebron und brachte uns in die Wohnung Abdullahs - hat in Frankreich studiert, er arbeitet jetzt an einer Universität und an seiner Promotion. Auf zeitaufwändigen Umwegen fuhr er in der Zeit der Belagerung zur Uni. Er hat das Empfinden, dass er bei Kontrollen von den israelischen Gate-Keepern gar nicht als ein menschliches Wesen angesehen wird.

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Jerusalem: Der Kadi

Zum Abendessen sind wir bei Zein al-Abedin, dem Kadi, eingeladen. Er ist ein hoher muslimischer Richter, der in Zivilangelegenheiten angerufen wird und nach der Scharia Recht spricht. (Im okkupierten Jerusalem gibt es selbstverständlich ebenso wenig ein palästinensisches Gericht wie in den „Zonen B" und „C" der Westbank - wer vor Gericht gehen will oder vor ein Gericht zitiert wird, steht vor Beamten der Besatzungsmacht.)

Der Kadi erweist sich als freundlicher Hausherr in einem modernen Haushalt, seine Frau arbeitet als Lehrerin, seine Schwester ist Journalistin, seine Nichte Studentin, sein ältester Sohn Ingenieur, die beiden kleinen Söhne sind aufgeweckte Burschen ohne Scheu vor den ausländischen Gästen. Eine Fotografie zeigt den Richter und den Papst auf Al-Haram. Das Gespräch mit dem Kadi dreht sich um den Status Jerusalems und die Probleme des Al-Haram.

Die Mutter - die Einzige mit Kopftuch in der Runde - ist eine alte Frau, und es bewegt sie sehr, dass die jungen Männer (unter 50) ihre Gebete nicht in den Moscheen auf Al-Haram verrichten dürfen. Und sie ist empört über die westliche Legende, palästinensische Frauen schickten ihre Söhne als Opfergabe an die Front der Auseinandersetzung mit den Israelis. Sie hat „kein Prozent Hoffnung" für die Zukunft. Und unsere Hoffnungen sind schwach.

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Siebenter Tag

Ramallah, Freitag, 26.01.01

Ramallah: Demo zum City Inn

Der freie Tag der Muslime und der Tag der Freitags-Demo in Ramallah.

Im Internet-Café erfahren wir morgens, dass die Beisetzung eines Märtyrers stattfinden wird, der am vergangenen Mittwoch vor dem City Inn Hotel den Tod fand.

Wir gehen zunächst zur Moschee. Das Freitagsgebet ist noch nicht beendet. Die Straße gedrängt voll - vor der Moschee Betende, die im Innenraum keinen Platz gefunden haben, dazu vor allem junge Leute und Kinder mit Dutzenden unterschiedlicher Fahnen. Das Bündnis für die Befreiung Palästinas von den Okkupanten - den Militärs und den Siedlern - ist sehr breit.

Nach dem Gebet formiert sich der Zug - voran zwei Fahrzeuge, die die Straße frei halten, dann unsere Fotografin mit dem Gesicht zur Demo, dann die Vorhut - etwa zehn Personen, darunter Maher, unser Freund Omar und manchmal, wenn der Bürgersteig zu eng ist, Ernst.

Dann folgt der eigentliche Demonstrationszug mit einem Plakat, das den Mord an den Palästinensern verurteilt und den Abzug der Besatzer fordert. Danach kommen viele, viele Fahnenträger, Sprechchöre, Menschen, Menschen, Menschen (vor allem Männer).

Der lautstarke Zug führt zum Friedhof. Man hört keine Kampflieder, statt dessen Sprechchöre im Wechselgesang zwischen dem Sprecher mit der Flüstertüte und seiner Gruppe. Am Friedhof trifft einige Zeit später ein zweiter Zug mit dem Leichnam des Ermordeten und zahlreichen Prominenten und Uniformierten ein.

Der junge Mann, der zu Grabe getragen wirde, hieß Ahmed Ghandaur, wurde 1975 im Libanon geboren und am 24.01.01 in Ramallah gekillt. Er war Sicherheitsbeamter. Viele Plakate an den Wänden in Ramallah zeigen ihn in Uniform und in Zivil.

Der Märtyrer wird in ein Tuch gehüllt und in die Erde versenkt, dann wird das Grab zugeschüttet, und gleichzeitig werden zwei Reden gehalten - eine von Marwan Barghouti, dem Sekretär der Al-Fatah in der Westbank.

Die Demo zieht vom Friedhof zum Hotel City Inn - inzwischen ein weltbekanntes Gebäude, ein beliebter Ort für Fernsehreporter, die die Auseinandersetzungen zwischen palästinensischen Steinewerfern und israelischen Soldaten zeigen wollen. (Wir drei haben in friedlicheren Tagen im City Inn übernachtet; heute steht es leer und durfte von seinem Besitzer nur einmal in Militärbegleitung besichtigt werden.)

Wieder sind Sprechchöre zu hören. Das Tempo der Demo ist beachtlich - alle beeilen sich, als ginge es zu einem Fest. Etwa 500 Meter vor der Grenze zwischen „Zone A" und „Zone C" - der Frontlinie - bleiben die ersten Gruppen zurück, nur die Waghalsigen und die Neugierigsten begeben sich in die vorderste Linie. Maher, Omar und Ernst gehören nicht dazu, sie behalten die Übersicht über das Geschehen.

(Ein Mitarbeiter des Innenministeriums der Autonomiebehörde, mit dem wir während der Demo ins Gespräch gekommen sind, bittet uns vorsichtig zu sein. „Die Deutschen haben schon ihren Märtyrer" sagt  er unter Anspielung auf den Arzt, der seinen palästinensischen Nachbarn zu Hilfe eilte, von israelischen Kugeln getroffen wurde und auf der Straße verblutete, weil die Scharfschützen jeden Hilfeversuch vereitelten. Außenminister Fischer äußerte damals Betroffenheit.)

Anja ist ganz vorn und fotografiert.

Das blutige Spiel findet bei schönstem Sonnenschein und leichtem Wind statt. Es erinnert an Völkerball - die Teilnehmer dürfen die Trennlinie zur gegnerischen Mannschaft nicht überschreiten und bewerfen sich gegenseitig. Statt des Balls setzen die palästinensischen Spieler Steine ein, geworfen von Hand oder mit einer Schleuder oder mit einem Katapult von der Linie aus, nur wenige Werfer ein wenig geschützt vom Skelett eines ausgebrannten Autos. (Später erfahren wir, dass auch die israelischen Stahlkugeln in der Gummihülle - 8,5 Gramm mit und 8 Gramm ohne Verkleidung - sich gut als Munition für die Katapulte eignen.)

Die israelischen „Spieler" sitzen in vier Jeeps, in Linie aufgefahren, die Scheinwerfer auf die Palästinenser gerichtet, etwa 30 oder 40 Meter von der Linie entfernt. Die geöffneten Türen der Jeeps berühren einander. Sie bilden einen Schild gegen eventuell so weit fliegende Steine und ermöglichen es den Soldaten, aus dem Jeep zu springen und relativ gesichert zum Schuss zu kommen. (In den etwa drei Stunden, die wir das Geschehen beobachteten, hat doch tatsächlich einmal ein Stein einen Jeep auf diese Entfernung getroffen!) Statt des Balls werfen die Israelis mit Steinen (das passierte tatsächlich einmal und löste bei den Palästinensern höhnisches Gelächter aus), schießen mit Gasgranaten, Geräuschgranaten (sound bombs - hinausgeworfenes Geld der us-amerikanischen und der deutschen Steuerzahler, die den Staats- und Militärhaushalt Israels sponsern - die Dinger erschrecken nicht mal mehr die kleinen Jungs mit ihren Katapulten) und hartgummiummantelten Stahlkugeln bzw. Stahlzylindern, die mit einer zähen festen Gummimasse bedeckt sind - 7 Gramm mit und 5 Gramm ohne Gummi. Wenn ein israelischer Soldat aus seinem Jeep springt und das Gewehr anlegt, hören wir in unserer mittleren Beobachterposition zuerst einem dumpfen Knall, dann sehen wir entweder eine Gaswolke vom Boden aufsteigen oder die Sanitäter rennen und den Saniwagen hinterherfahren. Wir sehen, wie die Verwundeten zu den Saniwagen getragen werden - manche erstarrt (das kann die Wirkung einer Kugel oder des Gases sein) -, können aber nicht erkennen, ob es wieder Tote gab.

Wir zählen auch nicht, wie oft die Wagen mit Blaulicht und Sirene zur Klinik fahren. Es dürfte etwa 30 oder 40 Mal sein. In der vordersten Position sieht man, wie die palästinensischen Jungs sich auf die Gasgranaten stürzen und sie wieder zurück werfen.

Wie ein vierköpfiger Drachen, der seine Köpfe vorschiebt, fahren die Jeeps manchmal ein paar Meter vor, verringern den Abstand zur Frontlinie, einige der palästinensischen Jungs rennen zurück, die vom harten Kern nutzen ihre Chance, verdoppeln die Anzahl der Steinwürfe und treffen auch manchmal.

Wir selbst kommen gut davon. Einmal erwischt uns der Ausläufer einer Gaswolke. Das ist - Dank auch der Frau, die uns mit einem parfümierten Zellstofftuch hilft - mit ein paar Tränen bald abgetan. Einmal schlägt eine Kugel eine Beule in den PKW, hinter dem wir stehden - dies Präsent werden wir als Talisman mit nach Hause bringen.

Wir haben nun selbst gesehen, was wir aufgrund der Berichte vermutet hatten: Was für die Palästinenser ein Spiel auf Leben und Tod ist, scheint für die israelischen Soldaten - deren Leben oder Gesundheit in keinem Augenblick bedroht ist - eine Art Jagdvergnügen zu sein. Auch hier - wie bei der Siedlungspolitik - drängen sich Analogien zu den Indianerkriegen des 19. Jahrhunderts auf.Wir wünschen jedem, der sich über die „Gewalt" der Palästinenser erregt und in ihr die Ursache der aktuellen Nahost-Probleme sieht, er oder sie möge nur ein einziges Mal Zeuge einer Freitags-Intifada sein. Vielleicht - sicherheitshalber - auf israelischer Seite im Jeep. Wenn die es denn erlaubte.
Kurzinterview
mit einem schmächtigen Jugendlichen , die rechte Hand und den linken Arm frisch verbunden, in Höhe unseres Standorts auf der Straße zum City Inn:
Wie alt bist du? - 17 Jahre
Bist du schon öfter hier gewesen? - Oft.
Schon einmal verwundet worden? - Nein, zum ersten mal.
Wirst du nächstes mal wieder dabei sein? - Inschallah! (Wenn Gott will)
Dürfen wir dich fotografieren? - Nein, bitte nicht.

Das arabische Fernsehen (Nile TV - Egypt, Al Jazeera - Kathar) bringt Berichte über die gestrige Demo und über die darauf folgenden Auseinandersetzungen an der Grenze zwischen „Zone A" und „C". Die Sender sprechen von 16 bzw. 17 Verletzten. Die palästinensische Zeitung Al-Hayat Al-Jadida nennt heute 80 Opfer, darunter solche, die mit scharfer Munition verwundet wurden.
AFP meldete: 
Elf Palästinenser bei Zusammenstößen im Westjordanland verletzt
Ramallah, 2. Februar - Israelische Soldaten haben am Freitag [26.01.] bei Zusammenstößen im Westjordanland elf Palästinenser verletzt. In Ramallah eröffneten die israelischen Soldaten nach palästinensischen Angaben das Feuer, nachdem sie von rund 500 Palästinensern mit Steinen beworfen worden seien. Krankenhausangaben zufolge wurden drei der elf Verletzten am Kopf getroffen. Zuvor hatten etwa 1500 Palästinenser nach dem traditionellen Freitagsgebet zur Fortsetzung der Aufstands in den Palästinensergebieten aufgerufen, der Ende September begonnen hatte. Seitdem wurden 393 Menschen getötet, die meisten von ihnen Palästinenser. ...
Das Risiko, dem wir uns mit der Teilnahme an der Demo aussetzten:
Israel weist Niederländer und Schwedin aus - Hilfe für Palästinenser
   Tel Aviv (dpa) - Die israelischen Behörden wollen zwei junge Europäer, einen 23-jährigen Niederländer und eine gleichaltrige Schwedin, ausweisen, weil sie Palästinenser bei ihrem Aufstand gegen Israel unterstützt haben sollen. Nach Rundfunkberichten vom Donnerstag wurden die beiden, die in einem Kibbuz in Nord-Israel als freiwillige Helfer gearbeitet haben, Anfang der Woche festgenommen und seither verhört. Sie sollen unter anderem aktiv an Demonstrationen gegen Israel teilgenommen haben, berichtete der Armeesender. 
©dpa 011604 Mrz 01

[vgl. auch „When you see your life flashing in front of your eyes"]
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Perspektive: Der Krieg

Abends berichtet unser Freund Omar aus seiner Klinik: Ein Anruf aus „Zone C" forderte Hilfe für zwei verletzte Palästinenser. Ein Sanitätswagen - eigentlich dringend am City Inn benötigt - wurde geschickt. Die beiden Sanitäter wurden von Siedlern festgenommen, vollständig entkleidet, zu Boden geworfen und misshandelt. „So etwas ist nicht zum ersten Mal passiert," sagt Omar.

Man erinnert sich hier, dass die täglichen Verhandlungsergebnisse von Camp David im vergangenen Sommer sogar auf der Straße und in den Kleinbussen diskutiert wurden. Wir fragen Omar nach dem öffentlichen Interesse an den gegenwärtigen Verhandlungen in Taba. „Es interessiert die Leute nicht mehr. Sie glauben nicht mehr an Verhandlungen. Zehn Jahre lang wurde verhandelt, und in dieser Zeit haben die Israelis neue Siedlungen und Straßen für die Siedler gebaut; für die Flüchtlinge in Palästina und in den arabischen Staaten hat sich nichts geändert. Wie es auf unseren Straßen für die Palästinenser aussieht, habt ihr selbst gesehen und erlebt."
„Aber ein hoher Beamter der Autonomiebehörde hat uns gesagt: Wenn bei den Verhandlungen kein Ergebnis erreicht wird, wird Sharon siegen, und wenn Sharon an die Macht kommt, wird es einen Krieg geben?"
Omar traurig: „Es wird einen Krieg geben, und er wird furchtbar für die Israelis sein."
„Und für die Palästinenser?"
„Auch."
Karikatur
Ex-General und Ministerpräsident Sharon zwischen Grabsteinen: 
Ich bin ein Führer zum Frieden, und dies ist solch friedvoller Platz, meinen Sie nicht auch?

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Achter Tag

Sonnabend, 27.01.2001

Ramallah: Khalil-Sakanini-Kulturzentrum

Wir besuchen das Khalil-Sakanini-Kulturzentrum nahe der evangelisch-lutherischen Kirche und sprechen mit der Direktorin Adila Laidi.
Das Gebäude und die Innenräume scheinen eine Insel des Friedens und der Schönheit im rauhen Rammallah zu sein. Aber die düstere Gegenwart ist auch in dieses Haus eingezogen.
Adila Laidi und ihre Mitarbeiterinnen - darunter unsere Freundin Jamila - bereiten eine Ausstellung vor. Sie soll Gegenstände zeigen, die im Leben von 100 Märtyrern der Al-Aqsa-Intifada eine Rolle spielten. Wir sehen die ersten Objekte: Den Vogelkäfig, aus dem sein Besitzer den Vogel in die Freiheit entließ, bevor er selbst zum City Inn und in den Tod ging. Das Gewand einer Frau, die in einer israelischen Gaswolke starb. Das Fahrrad eines kleinen Jungen, der wohl bei einer Bombardierung umkam ...
Es wäre zu wünschen, diese Ausstellung auch in Deutschland zu zeigen. Aber woher soll das Geld kommen - und wie viel Menschen werden sich bei uns daheim dafür interessieren?

Hoffnung aufs Sommercamp 2001

Anja hat im vergangenen Jahr Aufnahmen in einem Sommercamp gemacht und will nun die Bilder der Leiterin des Camps übergeben. Wir suchen Najwa an ihrer Arbeitsstelle auf, im Zentrum für politische Bildung der Autonomiebehörde.

Wir beraten, ob und wie wir das Camp in diesem Jahr unterstützen können. Zumindest wollen wir moralische Unterstützung bieten: Briefe an die Teilnehmer des Camp schreiben, Berichte von Mädchen und Jungen (7-16 Jahre) an SchülerInnen weiterleiten.

Wir hoffen auf Eure Unterstützung, wenn es so weit ist!!!

Palästinensische Zentrale für politische Bildung

Da wir einmal im Gebäude sind, organisiert Maher eine Begegnung mit Osman Abu Gharbieh, dem Stellvertreter Yassir Arafats für politische Bildung. Er legte uns seine Sicht der Dinge dar, wobei er keinen Zweifel daran ließ, dass die Palästinenser sich nicht unterwerfen lassen.

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Fatima und Jehad

Abends gibt es nach anderthalb Jahren ein Wiedersehen mit Fatima (15), Jehad (12), Areen 10), Mohammad (9), Saja (5) und Harleen 4).

Im September 1999 hatte sich Fatima - Berufswunsch Journalistin - als eine argumentenreiche Befürworterin des Friedensprozesses und Arafat-Anhängerin erweisen, die aus einem gemeinsamen Projekt mit israelischen Kindern die Schlussfolgerung gezogen hatte, dass man in Israel Freunde finden könne.

Ihr Bruder Jehad, damals zehn Jahre alt, hatte auch seine Argumente. Er ließ sich nicht von der Meinung abbringen, gegen die Israelis helfe nur Gewalt. Er hatte schon seine erste Erfahrung in einem israelischen Gefängnis hinter sich, in dem er als Neunjähriger einen Tag gefangen gehalten worden war. Inzwischen war er zum zweiten Mal im Gefängnis, und sein Vater musste ihn für ca. 19.000 Schekel (10.000 DM) freikaufen. Ein blauroter Fleck neben dem Auge zeigt, wo ihn eine israelische Kugel getroffen hat, außerdem hat ihn ein Streifschuß am Scheitel erwischt. Von seinen Abenteuern bei der Belästigung israelischer Grenzposten und von Siedlern berichtet er lachend und stolz - sein Bruder Mohammad hängt an seinen Lippen (bis jetzt konnten ihn die Eltern noch dazu anhalten, aus der Schule nach Hause und nicht zum Steinewerfen zu gehen).

Jehad wartet mit seinen Berichten, bis er seinen Vater telefonieren sieht - der Vater weiß anscheinend nicht alles, was sein Sohn so treibt.

Fatima hat ihre Anschauungen gründlich geändert. Sie ist für die Intifada und sagt, dass das die einhellige Auffassung ihrer Mitschülerinnen sei. Die Mädchen gestalten Wandzeitungen mit Bildern der Märtyrer und schreiben Petitionen an Politiker. Kontakte zu israelischen Schülerinnen, auf die sie 1999 noch stolz war, gibt es seit Beginn der Intifada nicht mehr. Sie, ihre Schwester Areen und ihr Vater berichten über Maßnahmen zur Vorbereitung der Schule auf militärische Auseinandersetzungen (Schutzräume, Erste Hilfe ...).

Der Vater - der es wissen müsste - ist überzeugt: Sharon wird die Wahlen gewinnen, und es wird einen Krieg geben.

Jehad schenkt uns zum Abschied sein selbst gebasteltes Katapult. Er zeigt uns, wie er es im Hosenbund vor den israelischen Soldaten versteckt. Bei einem Grenzübergang ist dieses Versteck ungeeignet. Ob wir diese gefährliche, die Sicherheit des Staates Israel bedrohende Waffe außer Landes bringen dürfen? Vielleicht, wenn wir erklären, dass wir einen Terroristen entwaffnet haben... Die anderen Kinder schenken uns zwei Plakate. Eines zeigt die bekannte Aufnahme der letzten Minute im Leben Mohammad Durras. Und der kleine Harleen singt das Lied von Rami Aldura, das wir schon im Kindergarten in Nablus gehört haben.

[vgl. auch „Do you know what your kids do at this moment?"]
Frankfurter Rundschau, 27. Januar2001:
UNICEF warnt
Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen Unicef hat vor bleibenden Schäden der anhaltenden Gewalt für eine ganze Generation palästinensischer Kinder und Jugendlicher gewarnt. (...) Als israelische Soldaten im Oktober den palästinensischen Jungen Rami Aldura erschossen, war das Entsetzen weltweit groß: Der 12-Jährige wurde während eines Feuergefechts getroffen und starb in den Armen seines Vaters. Fotos zeigen, wie der Vater verzweifelt um Hilfe schreit und versucht, seinen Sohn vor den Kugeln zu schützen. Kurzfristig verstärkten diese Bilder die Verhandlungsbemühungen im Nahen Osten. Doch der Tod Rami Alduras war kein Einzelfall. Nach Angaben von Unicef starben seit dem erneuten Ausbruch des Konflikts im vergangenen September mehr als 330 Menschen, darunter 95 Heranwachsende. Ein Drittel der 11.000 Verletzten sind demnach minderjährig und die Hälfte aller palästinensischen Flüchtlinge jünger als 18 Jahre. An den gewalttätigen Aktionen sind allerdings weniger als ein Prozent der palästinensischen Kinder und Jugendlichen beteiligt, betont Unicef. Mitarbeiter des Kinderhilfswerk befürchten aber, dass dies nicht lange so bleiben wird: ‘Die große Zahl der Opfer, die Perspektivlosigkeit und der politische Extremismus der Erwachsenen wird die Spirale der Gewalt anheizen’, sagte der Vorsitzende von Unicef Deutschland, Reinhard Schlagintweit.
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Neunter Tag

Ramallah, Sonntag, 27.01.2001

Ramallah: Zentrum für Folteropfer

Wir besuchen das Treatment & Rehabilitation Center for Victims of Torture und können ausführlich mit dem Direktor Dr. Schwail  und seinem Stellvertreter sprechen.

Aus unseren Aufzeichnungen nur so viel:
Untersuchungen des Zentrums ergeben, dass es heute keine/n Palästinenser/in gibt, der/die nicht direkt oder indirekt von Folter und Belagerung betroffen ist. Dr. Schwail schätzt ein, dass etwa 40 Prozent der Bevölkerung noch jahrelang, manche für ihr ganzes Leben darunter leiden werden. Er als langjährig praktizierender Psychologe hat hinreichend Erfahrungen für seine Aussage gesammelt, dass die Folgen von Folter für die Gefolterten, ihre Familie und die Umgebung der Familie schlimmer sind als die Folter selbst.

Als besonderen Beitrag der medizinischen Wissenschaft und der polizeilichen Praxis Israels zu den im Laufe der Jahrhunderte entwickelten Foltermethoden beschreibt er uns die Schüttelfolter und ihre Folgen.

Wenn man sie eine Minute lang anwendet, ist das Opfer gewöhnlich tot. Ob es überlebt oder stirbt: die Spuren dieser Folter sind äußerlich nicht sichtbar. Aber wer die Folter überlebt, hat jahrelang an den Folgen zu leiden.

Ein Detail: Die psychologische Hilfe für die Angehörigen von Märtyrern wird - abgesehen von allen anderen Problemen - erschwert, weil Eltern und Geschwister von Märtyrern in der Öffentlichkeit nicht trauern dürfen, sondern stolz sein müssen. (Dr. Schwail nennt das eine kulturelle Besonderheit - wer alt genug ist und den 2. Weltkrieg miterlebt hat, dem kommt das recht bekannt vor.) - Uns wird das Dilemma des Vaters von Jehad und der Eltern anderer Jungen bewusst: ihre Sorge um das Wohlergehen der Kinder auf der einen Seite und die Unmöglichkeit, die Kinder von Heldentaten fürs Volk abzuhalten.

UNGLÜCKLICH DAS LAND, DAS HELDEN NÖTIG HAT!

(Brecht; Galilei)
Das Zentrum ist eine der ersten Nichteregierungs-Organisationen (NGO) in Palästina, die sich für die Wahrung der Menschenrechte einsetzen. Es untersucht auch die Anwendung von Folter in palästinensischen Gefängnissen und informiert die zuständigen Behörden. In diesem Zusammenhang weist Dr. Schwail darauf hin, dass gerade die palästinensischen Polizeibeamten ihre ersten Erfahrungen mit Polizeiarbeit als Häftlinge in israelischen Gefängnissen gemacht haben. In denen war bekanntlich bis vor kurzem die Anwendung der Folter noch nicht einmal verboten - im Gegenteil: in den Akten der palästinensischen Gefangenen wird mit fast deutscher Akribie festgehalten, welcher Grad und welche Häufigkeit von Folter für den Gefangenen gerade noch erträglich ist.

Zu den Aktivitäten des Zentrums gehört deshalb die allwöchentliche Schulung von Polizisten, um sie gegen die Versuchung resistent zu machen, ihre Gefangenen zu foltern. (Wir sehen Uniformierte, die uns als Studenten vorgestellt werden).

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Im Büro der Al-Fatah

Vom Center geht es zum Büro der Al-Fatah in Ramallah, die ihren Sitz gleich neben der Konrad-Adenauer-Stiftung hat. Das lässt beim nächsten Luftangriff für die Al-Fatah hoffen und auf unerwartete Beziehungen einer deutschen demokratischen Partei zur Al-Fatah schließen. Eigentlich steht ja die Al-Fatah als Mitglied der Sozialistischen Internationale einer anderen deutschen Partei nahe.
dpa-Meldung vom 09.02.01:
Büro der Adenauer-Stiftung von israelischem Geschoss getroffen
Ramallah (dpa) - Das Palästina-Büro der deutschen Konrad-Adenauer-Stiftung ist in der Stadt El-Bireh (Westjordanland) [Ramallah und Bireh bilden eine Stadt aus den beiden Städten] in der Nacht zum Freitag von einem israelischen Geschoss getroffen worden. Wie der Leiter der Vertretung, Gregor Meiering, am Freitag mitteilte, hatten israelische Streitkräfte Ziele in El-Bireh und Ramallah beschossen. Eine Kugel sei dabei in iner Wand des Gebäudes eingeschlagen. Die Stiftung habe bei den Israelis gegen den Zwischenfall protestiert.
Wir hoffen auf ein Interview mit Marwan Barghouti, der als Sekretär der Al-Fatah auf der Abschussliste des israelischen Geheimdienstes einen Platz ganz oben einnehmen dürfte.
Meldung vom Vortag (28.01.2001) in Web.de, einer unserer deutschsprachigen Informationsquellen:
Taba (AP). Wenige Stunden nach dem ergebnislosen Ende der israelisch-palästinensischen Verhandlungen in Taba ist es zu neuen Schießereien zwischen den Konfliktparteien gekommen. Israelische Soldaten und Palästinenser lieferten sich am Samstagabend ein Feuergefecht nahe der Grenze zu Ägypten. Der Anführer der palästinensischen Tansim-Miliz, Marwan Barguti, kündigte nach israelischen Medienberichten an, den bewaffneten Kampf in jeder Weise fortzusetzen.
Meldung vom 13.02.01.:
Jerusalem, 13. Februar (AFP) - Der scheidende israelische Ministerpräsident Ehud Barak hat der Armee und den Sicherheitskräften am Dienstag zur gezielten Tötung einer Leibwache von Palästinenserpräsident Jassir Arafat gratuliert. Barak, der auch Verteidigungsminister ist, bezeichnete das Opfer als "wichtigen Terroristen", der für eine Reihe von Anschlägen verantwortlich gewesen sei und weitere Angriffe vorbereitet habe. Wer israelische Soldaten oder Zivilisten angreife, werde bestraft, hieß es in der Erklärung des noch amtierenden Regierungschefs.
Wir haben ihn am Grabe des Märtyrers gehört und während der Freitags-Demo wegen eines Termins angesprochen.Wir wollen ihn auch zum Boykott israelischer Waren befragen, für den er sich einsetzt. (Palästina ist mit 2 Mrd. Dollar nach den USA der größte Handelspartner Israels.) Marwan Barghouti hat dann doch keine Zeit, aber wir werden von dem Mitglied des Revolutionsrats der Al-Fatah, Ahmad Ghniem, empfangen.
Am Vortag wurde von den Nachrichtenagenturen gemeldet: 
Wenige Stunden nach dem ergebnislosen Ende der israelisch-palästinensischen Verhandlungen in Taba ist es zu neuen Schießereien zwischen den Konfliktparteien gekommen...Der Anführer der palästinensischen Tansim-Miliz, Marwan Barguti, kündigte nach israelischen Medienberichten an, den bewaffneten Kampf in jeder Weise fortzusetzen.
Jetzt lernen wir die Gründe für den strategischen Schwenk der Al-Fatah aus erster Hand kennen: von Verhandlungen als Strategie und der Intifada als taktische Aktivität zur Intifada als Strategie, die den Boden für Verhandlungen mit einem gerechten Ergebnis als Voraussetzung für einen dauerhaften Frieden schafft. Während die „alte" PLO-Führung am Verhandlungskonzept festhält, setzen die „Jungen" auf die vollständige Befreiung Palästinas (von Soldaten und Siedlern) in den Grenzen von 1967 und auf die Verwirklichung der UNO-Resolutionen - bei Anerkennung des Staates Israel.
Von Ahmad hören wir die aufschlussreichen Sätze:  „Ohne die erste Intifada hätte es weder Madrid noch Oslo gegeben." Und: „In den vergangenen zehn Jahren ist im Friedensprozess von Israelis und Palästinensern so viel Papier beschrieben worden, dass die Fläche unseres Landes nicht ausreichte, wenn man es ausbreiten würde."
dpa 08.03.01
Jerusalem (dpa) - Der neue israelische Ministerpräsident Ariel Scharon ist grundsätzlich zu einem Treffen und Verhandlungen mit Palästinenserpräsident Jassir Arafat bereit. Unmittelbar nach der offiziellen Amtsübergabe durch seinen Vorgänger Ehud Barak sagte der 73-jährige Politiker am Donnerstag: „Ich bin bereit, mich mit ihm zu treffen und mit ihm zu verhandeln." Voraussetzung sei allerdings, „dass es ruhig ist und Sicherheit herrscht". ... 
Unmittelbar nach Scharons Äußerungen lehnte der Führer von Arafats Fatah-Organisation im Westjordanland Scharons Forderung nach Beendigung des bewaffneten Aufstands gegen Israel als Vorbedingung für Verhandlungen ab. Marwan Barguti sagte diplomatischen Vertretern in Ramallah, die Intifada werde weiter gehen, bis Israel die Besetzung der Palästinensergebiete beende. „Wir werden nicht bis zum Punkt Null zurückkehren", sagte Barguti. „Die Intifada ist eine Strategie, keine Taktik", meinte der Fatah-Führer. Der Aufstand in den Palästinensergebieten hat seit Ende September letzten Jahres fast 450 Menschenleben gefordert, darunter 380 palästinensische.
dpa 10.03.01
Gaza (dpa) -  „Ich appelliere an das israelische Volk und seine neue Führung, unsere Herzen sind offen und unsere Hände sind erhoben, um den Frieden der Mutigen zu erzielen", rief Arafat während einer Ansprache vor dem palästinensischen Parlament, das sich in Gaza zum ersten Mal seit Beginn der blutigen Unruhen in den Palästinensergebieten vor knapp einem halben Jahr versammelte. „Der Frieden ist und bleibt unsere einzige strategische Entscheidung", sagte Arafat. 

Über die deutsche Politik gegenüber Israel und Palästina äußert er sich nicht. Unser Besuch erinnert ihn an einen deutschen Freund, mit dem er im Gefängnis die Zelle teilte, mit dem er deutsche und arabische Lieder sang, und der besonders hart gefoltert wurde. Auch er hofft, wir könnten dazu beitragen, in Deutschland realitätsnah über die Situation in Palästina berichten.

Er sprach nicht von einem bevorstehenden Krieg - aber wir können Eins und Eins zusammenzählen.

* * *

Beim Mittagessen mit zwei Frauen, denen Anja Bilder einer Begegnung im vorigen Jahr übergibt, die gleiche Sicht, hier als Hoffnungslosigkeit. Die Warnung, keine israelische Munition anzufassen, wegen der Strahlengefahr. Und die Überzeugung, die Israelis würden unter dem Al-Haram graben, um die Moscheen in die Luft zu sprengen.
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Unser letzter Bericht

Ausreise

Unser Freund Ahmed mit seinem israelischem Ausweis und seinem Auto mit israelischem Nummernschild holt uns aus Ramallah ab und bringt uns bis zum Checkpoint an der militärischen Zone am Jordan.

Wir sprechen wieder über die Kriegsstimmung, und er meint, dass auf israelischer Seite genau so fest mit kriegerischen Auseinandersetzungen gerechnet wird wie bei den Palästinensern in Palästina. Der unerklärliche Widerspruch: die Bürger Israels ziehen den Frieden dem Krieg vor, sie wissen so gut wie die Palästinenser: wer Sharon wählt, der wählt den Krieg. Und trotzdem werden sie mehrheitlich Sharon wählen. Wollen sie mehrheitlich eine Endlösung der Palästinenserfrage?

Die weiblichen Gate-Keeper an der Allenby-Bridge sind offensichtlich gestresst vom Anblick einer zahlreichen Reisegruppe - Pilger aus Oklahoma - und sehen uns unsere friedlichen Absichten an. So fertigen sie uns drei rasch ab. Und dann können wir sagen: WIR SIND DRAUSSEN.

Wir treten den Heimflug mit schweren Herzen an.

Wir und alle, mit denen wir sprachen, hoffen auf ein Wiedersehen „in better times" - wer von ihnen wird zum Opfer der kommenden Auseinandersetzungen werden?



Anja H. Försters Berichte:

Wed, 24 Jan 2001

„You're mad!"

„ You're mad!" - was the first reaction my friends had, when they heard that I had just bought my flight to Amman, from were I was hoping to go to Palestine.

Two of my friends and I had decided to travel to Palestine to see for ourselves what was happening. The news which we had seen on TV and read in the newspapers were not encouraging - we were expecting the worst.

But let's start at the beginning. The journey to Palestine was an adventure in itself. Because of previous experiences we had decided to take the indirect and longer route via Amman. Two of us had never used the Allenby Bridge, which is a border crossing between Jordan and Israel

We took a taxi from the hotel in Amman to the border. Now, as an far travelled but still spoiled European I was expecting to see some signs that would help us to find our way around. But I have to say, if you are ever planning on crossing the border that way, don't just read the Lonely Planet, take somebody with you or try to follow somebody that looks if he/she knows what to do and where to go. After being stripped of our passports for inspection we could only sit down and wait patiently. Our names obviously didn't come up on their „black list" so that we were allowed to step into the bus that was supposed to take us across the bridge.

The river Jordan - a mighty river - that has found its place in all history books is in fact such a tiny rivulet that if you are not looking for it you will most certainly miss it.

The bus took us across the bridge and stopped in front of one of many yellow metal gates. Then the door opened and we drove into Israel - or should I say - into the occupied Palestinian territory.

The exterior of the bus was then checked by Israeli soldiers using mirrors in the 007 fashion. Since nobody was hiding underneath the bus we were allowed to continue our journey.

The bus took us to the building where we and our baggage were inspected. Now, I have to explain that if you have ever travelled abroad you had to answer some security questions regarding your baggage. If you want to go to Israel, questions concerning your job, your family, and your friends become a security issue. So don't be surprised if they ask you the name of your boy friend, and why he lives in another country, and how you can have a relationship with him over that distance!!!!
Taking all questions with a pinch of salt we mastered that hurdle and could take yet another bus, that would drive us to Jericho.

I have to add that Palestinian have to approach the border from a different point, take another bus across the bridge, are questioned at a different place and met us for the first time in this second bus.

Sitting in the bus I was under the illusion that we had actually left all control points behind us. But I was wrong. A few minutes after the bus had started his journey to Jericho, we saw our friend on the side of the road waiting for us to pick us up. The bus stopped, I got up, took my bag - and - sat down again. We were not allowed to leave the bus. Not only felt I disappointed - I hadn't seen my friend for months - but also imprisoned by this silly stupid bus. After that I stopped counting the gates that were laying ahead of us before we could say: ’We are in!’.

If you ever want to visit the Holy Land, I can only hope you are a person with a lot of patience and no pride.

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Wed, 24 Jan 2001

„Do you know what your kids do at this moment?"

Take a minute and try to answer these questions: Do you know where your children are and what they do at the moment? Are they in the room next door and watch TV, or do they play with friends outside? When did you ask them the last time, what games they are playing?

The last few days in Palestine have shown us that the Palestinian children are the real losers in this conflict. These children are the most effected people - yes, the kids that the world believes are sent into war by their parents. Show me the parents that want to see their children being killed, permanently disabled, injured or suffering from psychological problems. Palestinian parents are no different from you. They love their kids. But you don't have to believe me - read these stories that we were told and form you own opinion:

A mother of two told us that her 7-year-old son is only playing war these days. That seems to be his way to deal with his anxieties. His sister - a 4-year-old lovely girl - is behaving differently. She doesn't move from her mums side. She doesn't want to play with her friends anymore and has become rather quiet over the last few months. But both have the same in common: they can't sleep on their own anymore. Most nights they come into their parents bed so that they can find a few hours of rest.

When the Israeli army was bombing Ramallah one night, a family had to leave their home because it wasn't safe anymore. They took a few cloths and their baby boy and went to stay with some friends. When they got there the mother wanted to feed her boy only to realise that they had forgotten the milk bottle. He, not understanding the situation, demanded as spoiled kids do, his bottle. What were the parents to do. The father and his friend decided to risk going back to their flat to get the milk bottle. They were doing this while the bombs were still falling on Ramallah, which meant they were driving, stopping, switching on and off their car's light, trying not to be detected. These people have never been trained in combat, but they some how managed to get uninjured to the flat and back. When they finally returned with the milk bottle, one of them could only say that that could have been the most expensive bottle in the whole world.

And then there were the kids in the kindergarten in the refugee camp we visited. The girls and boys were drawing and it was a joy to observe them - until we realised what they were drawing: an Israeli soldier with a gun, a Palestinian boy with a stone in his hand and similar topics. These are pictures from the nightmares the kids have every night.

Children are our future and all kids have the same rights: to grow up in peace and freedom and with a smile on their face - the Palestinian children too...

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Fri, 26 Jan 2001

„A rather unusual Xmas present"

What did you get for Xmas last year? I had the usual gifts like too much chocolate. The people in Bet Jala had rather unusual presents. They had grenades, shells, bullets and other ammunition for Xmas. Now, somebody could say that everybody gets what they deserve, but tell me, what unforgivable crime must the people have committed to be punished this way?

On our journeys through Palestine we saw again and again evidence of the destructive force of the Israeli army and the settlers.

During our visit of Bet Jala we saw a couple of houses that were nearly completely destroyed by the bombardment of their city. One of the two houses was still under construction when the army, which is protecting the opposite situated settlement of Har Gilo, decided that the danger that was coming from this building site was uncontrollable and needed to be eliminated. One can only image what the owner must have felt when he saw the leftovers of his house. I ask you what were his „crimes"? Well, apart from the fact that he had the cheekiness to build his house in 1-2 km distance of the settlement I could see no other crime.

Or the 72-year-old lady, what had she done? She showed us her and her families house, which was covered in ure and all kids have the same rights: to grow up in peace and freedom and with a smile on their face - the Palestinian children too...

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Fri, 26 Jan 2001

„A rather unusual Xmas present"

What did you get for Xmas last year? I had the usual gifts like too much chocolate. The people in Bet Jala had rather unusual presents. They had grenades, shells, bullets and other ammunition for Xmas. Now, somebody could say that everybody gets what they deserve, but tell me, what unforgivable crime must the people have committed to be punished this way?

On our journeys through Palestine we saw again and again evidence of the destructive force of the Israeli army and the settlers.

During our visit of Bet Jala we saw a couple of houses that were nearly completely destroyed by the bombardment of their city. One of the two houses was still under construction when the army, which is protecting the opposite situated settlement of Har Gilo, decided that the danger that was coming from this building site was uncontrollable and needed to be eliminated. One can only image what the owner must have felt when he saw the leftovers of his house. I ask you what were his „crimes"? Well, apart from the fact that he had the cheekiness to build his house in 1-2 km distance of the settlement I could see no other crime.

Or the 72-year-old lady, what had she done? She showed us her and her families house, which was covered in holes from bullets. The house looked more like a Swiss cheese than like a house. There very uncountable holes in the walls and the ceiling, the windows were broken, tiles in the kitchen and bathroom damaged, the water tanks on the roof looked more like a sieve and the sun reflectors were unusable. In a moment of despair she had collected all the ammunition that she had found in her house and it filled two boxes. In order for them to feel safe they protected the windows in the kitchen and in the bedroom with sand bags. In our discussion she told us that she had never been so afraid in all her life - and she had seen and lived through a lot.

Their neighbour was already a celebrity, or shall I better say his destroyed staircase was. Only was he quite surprised to see that on a German news program his house was located in Har Gilo and not Bet Jala, where he had believed it was. Now this is „press freedom". When he showed us the remains of the grenade that had hit the staircase it seemed to be a miracle that he hadn’t been injured in the attack.

Another example of this treatment we saw in Alkhader where we visited the Flower Hope School. This school teaches 4 to 11 year old girls. I wonder what they did to annoy the opposite situated settlement and military post that the school was twice under attack. After the first time the headmaster went over to speak to the settlers and to tell them that there were only young girls in the school. But either didn't they believe him or they were frightened of these girls that they had to attack them a second time. One can imagine what an everlasting effect these events have on the girls. The main destruction we found in the windows and the walls of their guesthouse on the second floor. Just as an interesting point: in this guesthouse German exchange students lived just a few months ago. I wonder what the German government would have said if a German student had been injured. And furthermore, when the school is under attack the teachers have to send the kids home, because they don't have a shelter in the school. That means little girls are walking around when the army is firing with life ammunition. Not a pleasant thought for any parent.

In Nablus in one of the refugee camps we visited a man that was supposed to get married. Everything was prepared: the money saved, the house build, the rooms decorated - when in a flush of a second everything had gone. A grenade had hit the house and burned everything down to the ground - including the bedroom furniture that had not even been paid for. One must ask what this man had done to deserve this, or was it just the fact that he had built his house at the wrong place, but then it seems there is no right place in the West Bank for the Palestinians.

We all know that we have to treat the people around us the way we want to be treated. That is nothing new. We also know that the second intifada was started by stone throwing Palestinians. But is it excusable to answer with grenades, shells and bullets?

If someone would say to me: ‘Make a wish!’, I would ask for a more peaceful Xmas this year combined with freedom and equality.

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Fri, 26 Jan 2001

„When you see your life flashing in front of your eyes"

I am not a brave person. I am rather afraid of everything and everybody. So that, when I went to a demonstration in Ramallah today I had that huge shadow of mine following me around at all times.

It's Friday - Sunday for the Muslims - in Ramallah. The atmosphere is heated and tense. Rumour had it that there would be yet another demonstration after the Friday service. So, since I didn't have anything better to do than to endanger my life, I decided to join the demonstration.

It all began in town. Young people from various parties and groups found their way into town. It was an ocean of flags and banners. When the mass of people started their way through town, I could feel and hear what their main purpose was - not that I speak a word of Arabic, but that wasn't necessary. The energy between these people was overwhelming and was telling their own story. They want their freedom, they want equality, they want East Jerusalem as their capitol, they want their state in the West Bank and Gaza Strip, but most of all they look for peace, even if that means through confrontation, fighting, war, and possibly death of many people.

After having walked through the city the demonstrators went to the cemetery where a martyr funeral was taking place. I personally have never attended such an event, so that I didn't quite know what to expect. It was not just a sad moment but it was also used to motivate the people with speeches - unusual for a cemetery I thought. One should not forget that the society views these martyrs as heros which makes it difficult for the families to grief and put them under additional stress.

One could feel a different atmosphere after the cemetery. We went back to the city and made our way down to the „City Inn Hotel", which, if you are an insider you know, is the focal point for all clashed in Ramallah. The hotel is situated at an important strategic point in the town and was therefore straight from the beginning the place where Israeli army met Palestinian youth.
Now, for myself I have to say that I probably participated in two demonstrations in my life, and both were nothing comparable to what I was expecting there.

My friends, that had bravely followed me around all day, stood in the background and I wanted to test how fast my adrenaline could be produced by my body – and it was flowing. I have to say, the situation was just as you can see it on the TV: 4 Israeli army cars were fighting off about 200-300 Palestinian youth. On the Israeli side you had bulletproof vests, guns, and tear gas, and on the Palestinian side you had stones, stones, and some more stones. Is that fair I have to ask?

There were very young kids throwing stones in the direction of the Israeli, who were not even strong enough to get them half way down that road. There were three burned out cars that were used by the young people to protect themselves from the tear gas and the rubber bullets. There were women collecting stones for the boys and giving out tissue paper that was soaked in perfume to protect the boys from the effect of the tear gas.

Have you ever seen a tear gas bomb exploding near you and everybody running your way? Well, I can tell you that is an experience.

Have you ever seen a rubber bullet - which is in fact a steal bullet covered in some rubber - which doesn't make it less effective, flowing towards you? I have, today I say a bullet coming my way and I now know that my reaction time is pretty good.

This war is unfair and I have never seen that clearer than today. It is a fight of frustrated, angry, disappointed kids under occupation against an enemy that is much stronger, has much more experience and is willing to kill – even children - without a second thought.

I wonder how many people got injured today - may be 30 maybe 40, and was somebody killed - I don't know. All I know is that it was an uneven fight that could not be won by the Palestinians.

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Sat, 28 Jan 2001

„The Wild Wild West"

When I had finally arrived in Palestine I was under the illusion that I could move freely between cities and villages in the West Bank. Soon I should realise how wrong I was.

In the 8 days that I have been travelling through Palestine I have never come across so many checkpoints in all my life - and I have been around. Alone on the way between Jerusalem and Ramallah - which takes 30 minutes on a good day and up to several hours on a bad day - you have to pass three checkpoints each way: two of which are Israeli and one Palestinian. Depending on whose shift it is on the Israeli checkpoints the traffic is rolling or not.

These checkpoints are on all main arteries in the West Bank and the Gaza Strip, dividing the occupied territories into very small pieces, and succeeding thereby in following Israel's isolation policy. This policy aims at separating families and friends, hurting local businesses and bringing the whole infrastructure to a standstill...if there weren't the Palestinian taxi driver.

If you dream of having an old fashion adventurous job like the cowboys in the Wild Wild West, you have to become a taxi driver in Palestine. These people are amazing. If the main streets are closed, they find side roads, if they are closed, they take smaller side roads, if they are closed, they find dirt tracks, and if they are closed they just drive through somebodies backyard or over somebodies field. Everything is allowed in this „Tom and Jerry game" between Israeli army and the Palestinian people.

So, you could now wonder where the problem is. Why do the people complain? Well, not only is it a time consuming adventure to get from A to B, because you just never know when you'll arrive, and it's also expensive. Since many people commute to work every day, it became very quickly too expensive, so that a good percentage turns their work place also intro their home, trying to save a bit of money.

Many stories are told about people being attacked by settlers on their way to work or back. So that a lot of them are now using a cap rather than facing confrontations on their own. That you are not 100% safe in a taxi a friend experienced in Hebron. He was in a taxi with 3 other people passing a bus stop when the car was attacked by several stone throwing Jewish settlers smashing all windows. The driver managed with a lot of luck to bring the car to a stop without hitting anything. And people think only Palestinians know the art of throwing stones!

Another „amusing" story happened when I took the taxi from Jerusalem to Bethlehem. Since I was naive, I expected to be on time for my appointment - only I hadn't planned on being kicked out of the cap outside Bethlehem and having to walk along the street just because the guys from the Israeli checkpoint had decided to spoil my day by blocking the street off. Well, I know a bit of exercise is good for me - but I rather decide when and where! On the way back I had it better, I could stay in the taxi, which took a „road" that was used previously by sheep - at least that was how it felt for my backside.

If that wasn't bad enough, on the way to Nablus I nearly made it on a normal road until an oncoming taxi driver signalled to change streets. Why - I don't know, but usually these systems of communication between the taxi drivers are very effective and fool proof. So we changed direction and went around Nablus on a road that allowed us to enjoy the countryside a bit longer. Thank's!

By the way, if you pass a checkpoint and see 15-40 year old male Palestinians standing around looking bored, don't wonder, that is just another way of humiliating the Palestinian people. During their routine checks of the passing cars the soldiers decide who will and who won't pass their checkpoints. This is not done by any logical system but rather by their mood, the weather or your face. A friend of mine - who has by the way a European passport - didn't have the face of the day and was therefore asked to leave the taxi. His passport was taken away and he was left standing in the pouring rain. I guess it helped that he had a foreign passport so that he was allowed - no, not to pass - but to go back to where he came from after 30 minutes. Other people that he had met while he was waiting were not so lucky and had already been standing there for 2 hours.

For tourists all this might just add to the adventure Palestine, but for the people living there it is a nightmare. They have to cope with daily humiliation, being stripped of their basic human rights, not to speak about loss of income, money, time and added physical and psychological stress.

Why does the world keep silent in view of these obvious human right violations? Is it allowed to treat people like that just because they life in Palestine. I wouldn't have thought so.

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Sat, 28 Jan 2001

„Where hell becomes part of the daily life"

Hebron is one of those cities that if visited ones becomes part of your soul. I don't really know why. It's not a particularly beautiful city, I've seen more lively markets, the countryside has nothing special to offer and the people are rather strange - but still - after I had been to Hebron in 1997 for the first time, I wanted to go back.

My first encounter with this unusual city was marked by the presence of two military jeeps - one in front and one at the back of our bus. That is a feeling that a tourist can do without, but that's Hebron!

In comparison to other cities in the West Bank Hebron it’s split into different sections like H1, H2, etc. There are about 120 000 Palestinians and 400 Jewish settlers living in the city. The Jewish settlement is not as in other Palestinian cities on the outskirts but directly in the city centre. That leads to bizarre topographical structures, for example, a Palestinian family can use the ground floor of a house and an Israeli family can live on the first floor.

But these are just the facts let's talk about the feelings:

When I visited Hebron in 2000 - this time equipped with my camera - I felt rather watched. There were probably more Israeli soldiers than Israeli settlers in and around the settlement and they were watching me like a hawk. I pointed my camera at something or somebody and their eyes were following me - maybe they just admired my artistic capabilities or was it the fact that two Palestinians accompanied me? I desperately tried to take revealing pictures - unsuccessfully - I was under constant supervision. It even came to the point that an Israeli soldier felt so intrigued by me and my work that he had to take a closer look at me and since he was obviously shortsighted he just used his gun to keep a close eye on me. Now, that was a feeling having a gun pointed at me. Luckily he didn't have a nervous finger.

This time everything was different. The streets were painfully empty. The normally so noisy market was silent. People - if they were talking at all - were just whispering. The whole atmosphere was tense and the air could be cut with a knife.

While I was walking very slowly through the deserted streets I was counting more soldiers than stones - and we all know there are plenty of in Palestine. I should have felt worried but I didn't. I developed a theory that allowed me to take all the pictures I hadn't dared to take before: I just looked my opponent in the eyes - assuming that that would stop him from getting on my nerves, and to much of my surprise, it worked. But one thing became very obvious to me in Hebron - the occupation of Palestine through Israel. There I was standing in the centre of a square looking up a side street. In the middle was a military checkpoint - a cylindrically shaped shelter for the soldier and he himself was patrolling grimly faced up and down. His equipment didn't leave any doubt in my mind that he meant business: bulletproof vest, helmet and gun. On his requests people had to show him their ID. At that moment I felt the occupation. If he felt watched by me or if he had just had enough humiliating people, I don't want to speculate, but while I was standing at his checkpoint - taking pictures and even changing my film - he didn't bother anybody.

If you see guns pointing at civilians, if you see soldiers marching down the streets - being frightened themselves - one has to wonder if Israel really believes that it has the right to occupy this country. The occupation is being felt by the Palestinians every day and can be seen by the willing visitor. When does the world open its eyes to this injustice I wonder?

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Unsere Reise wurde von niemandem gesponsert, und wir haben keine müde Mark aus der Kasse der Vereinigung der Freunde Palästinas in Sachsen-Anhalt e.V. dafür verwendet.

Wir danken allen Palästinensern, die sich die Zeit für Gespräche mit uns nahmen, uns offenherzig über ihre Sicht auf die Lage in Palästina und über ganz persönliche Erlebnisse und Gefühle berichteten und uns gastfreundlich bewirteten.

Dank auch an Klaus Polkehn  für die redaktionelle Bearbeitung des deutschsprachigen Textes und für die Veröffentlichung von großen Teilen des Tagebuchs in "Palästina-Nachrichten" Nr. 29.

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Vereinigung der Freunde Palästinas in Sachsen Anhalt e.V.

Postfach 11 22  D-39001 Magdeburg
 

Copyright © 2001 Anja H. Förster  / Ernst F. Herbst 
[ Letzte Aktualisierung 25.02.01 E. Herbst ]